Alternative Vegetarier mit eigener Post
Während meiner Reise nach Kopenhagen habe ich natürlich auch die Stadt in der Stadt besucht: die sogenannte Freistadt Christiania, eine ganz eigenwillige autonome Gemeinde inmitten der Stadt Kopenhagen. Von den Behörden wird die wilde Siedlung geduldet und ihre Bewohner bestehen auch heute noch zum großen Teil aus überzeugten Althippies, die sich für ein Leben ohne Baugenehmigungen und mit Marihuana entschieden haben.
Besonders hübsch sind die viele kreative Graffitis, die man an unzähligen Hauswänden in der ehemaligen Kasernensiedlung alle Nase lang findet. Sie verleihen dem Sammelsurium von illegal besetzten oder auch errichteten Häusern ein heiteres, friedliches und fröhliches Aussehen. Wer Farben liebt, der wird Christiania lieben!
Die Bewohner dieser mittlerweile auch zur Touristenattraktion avancierten Siedlung sind alle sehr alternativ. Zahlreiche Vegetarier und Veganer leben hier, sie bauen ihr eigenes Gemüse an und lassen auch Besucher an ihren Bio-Erzeugnissen teilhaben. Ich habe in einem sehr alternativen Biergarten mit einer sehr alternativen Toilettenanlage eine köstliche Bio-Mahlzeit zu mir genommen, vollkommen ohne Fleisch und fast ohne moderne Technik zubereitet.
Ein wenig verrückt ist die Tatsache, dass Christiania auch seine eigenen Briefmarken druckt und eine Post besitzt. Ich kann mir zwar kaum vorstellen, dass sich die Bewohner gegenseitig Briefe mit der Post schicken, aber der Briefkasten ist eine Touristenattraktion geworden.
Eine weitere spannende Thematik im Zusammenhang mit Christiania ist deren lockere Sichtweise der dänischen Rauschmittelgesetze. Auf dem Gebiet von Christiania wird vor allem Haschisch und Gras geradezu marktartig gehandelt. Ich staune nicht schlecht, dass hier auf offener Straße kiloweise die unterschiedlichsten Arten von THC-haltigen Substanzen in allen möglichen und unmöglichen Aggregatzuständen angeboten werden. Das einzige Zugeständnis an die Tatsache, dass dies hier eigentlich höchst illegal ist, sind die muskelbepackten „Türsteher“ zu beiden Seiten der Straße, die darauf achten, dass niemand Fotos von dem Geschehen macht.
Es ist also ein Erlebnis, durch die bunte und etwas schräge Siedlung zu spazieren, die einerseits wirklich heimelig und romantisch wirkt, andererseits einige Fragen aufwirft. Im Vergleich zu diesen autonomen Hippies und Kiffern bin ich der absolute Spießer und fühle mich hier auch so.
Eure Beatrice!