Graaff Reinet – Kolonialstadt, vergessen von der Zeit
In Graaff Reinet habe ich in einem hübschen Bungalow gewohnt, der von dicken Schiebetoren, Stacheldraht und Elektrozäunen umgeben war. Irgendwie fühle ich mich in solchen Etablissements immer etwas eigenartig. Für ein paar Tage ist es okay und ich war natürlich froh, fließendes Wasser und Strom zu haben, ja sogar Wifi. Aber ich könnte mich wahrscheinlich nicht daran gewöhnen, in einer Stadt zu wohnen, wo die wohlhabenden Bewohner ihre Grundstücke wie ein Gefängnis ausrüsten, nur um sich sicher zu fühlen.
Graaff Reinet ist eine alte Kolonialstadt, gegründet von den Holländern, die damals das Land ausgebeutet haben. Es ist die viertälteste Stadt in Südafrika. In der Zeit der Apartheid wurde zementiert, was in der Kolonialzeit begonnen hatte: Die reichen Weißen wohnen hier im Stadtzentrum in den schönen weißen Häusern, die heute unter Denkmalschutz stehen und die Schwarzen oder die Coloures People oder wer sonst noch nicht weiß ist, wohnt halt woanders.
Unser Stadtführer erklärt, dass es heute noch fast genauso ist und er wagt es tatsächlich, zu behaupten, dass alle damit sehr zufrieden sind. Er denkt, oder zumindest sagt er, dass die Schwarzen und die Coloured People lieber dort wohnen bleiben, wo sie auch in der Zeit der Apartheid gelebt haben. So fühlen sich alle wohl. Wer es sich leisten kann, kann ja jederzeit umziehen. Macht aber kaum jemand. Ich spare es mir, zu fragen, warum sich wohl niemand außer den Weißen und ein paar Ausnahmen den Umzug in die reichen Viertel leisten kann.
Nun, das schöne an der Stadt Graaff Reinet sind weniger die Kolonialgebäude und die sieben Kirchen, sondern die Umgebung der Stadt. Fährt man nämlich hoch auf die Berge, die Graaf Reinet umgeben, gelangt man in eine zauberhafte Natur, die von Felsformationen, Bäumen und Büschen sowie einigen Wildtieren geprägt ist. Sie nennt sich Camdeboo Nationalpark.
Ein besonders schönes Fleckchen Erde im Camdeboo Nationalpark ist das Valley of Desolation, also das Tal der Trostlosigkeit. Zugegeben, es trägt einen etwas abschreckenden Namen, aber es ist einfach wunderschön. Valley ist im Grunde nicht die richtige Bezeichnung, denn das Herzstück im Tal der Trostlosigkeit ist eine hoch aufragende Reihe von spitz aufragenden Felsen.
Hier erlebe ich den Sonnenuntergang während mein Guide nicht aufhören kann zu quatschen. Ein so wunderbarer Ort. Stille bis auf ein paar Vogelschreie und hin und wieder ein Ruf eines Pavians. Die Sonne malt den Himmel bunt an. Die Landschaft könnte nicht friedlicher sein und diese Quasselstrippe erzählt davon, dass er neue Sohlen für seine Schuhe braucht und dass er als junger Mann mal einen Rucksack hatte, der richtig stabil war.
Letztendlich habe ich in Graaff Reinet viel gelernt und einen traumhaften Nationalpark gesehen. Es gab Schildkröten, viele verschiedene Pflanzen und imposante Berge. Sogar warmes Wasser und Wifi. Wenn ihr also mal dort vorbeikommt, dann schaut euch unbedingt das Tal der Trostlosigkeit an, das alles andere als trostlos ist.
Eure Beatrice!