Burkina Faso bedeutet „Das Land der aufrechten Menschen“. Vorher hieß es Obervolta, aber diesen Namen hatten die Franzosen ausgesucht, und er passte irgendwie nicht so richtig zu den Leuten hier. Abgesehen davon, dass mir alle Burkiner, denen ich begegnet bin tatsächlich sehr aufrecht, integer und ehrlich erschienen sind und zudem viel Wert auf diese Attribute legen, sind vor allem die Frauen in Burkina Faso im wahrsten Sinne des Wortes sehr aufrechte Menschen: Sie tragen ihre Lasten auf dem Kopf und gehen daher sehr elegant und gerade. Bewundernswert finde ich einerseits, dass die Damen wirklich schwere Lasten auf diese Weise mit sich herumschleppen (oft auch noch ein Kleinkind auf den Rücken gebunden) aber auch, dass ich kein einziges Mal gesehen habe, dass etwas heruntergefallen ist.
Wenn man nach Burkina Faso fährt, sieht man vor allem Kinder. Die Säuglinge werden von ihren Müttern überall hin mitgeschleppt. Sobald sie laufen können, laufen sie mit den größeren herum. In den Dörfern habe ich manchmal Gruppen von bis zu 40 Kindern herumrennen sehen. Die älteren passen auf ihre jüngeren Geschwister auf und tragen sie, wenn es mal zu anstrengend wird. Eigenartigerweise kann ich mich kaum erinnern, Jugendliche gesehen zu haben. Natürlich gab es jede Menge junge Erwachsene, die im Friseurladen eine neue Frisur erhielten oder auf dem Markt ihre Waren angeboten haben. Aber in Westafrika ist der Übergang vom Kind zum Erwachsenen wohl etwas abrupter als in Europa. Ich zum Beispiel habe fast zehn Jahre damit zugebracht, erwachsen zu werden, mir das Beste vom Kindsein zu erhalten und gleichzeitig darauf zu pochen, dass ich schon erwachsen bin, wenn es mir zum Vorteil gereichte (Ich wollte alle Entscheidungen selbst treffen, aber natürlich keine Autoversicherung zahlen oder mir Gedanken um den besten Stromtarif machen). Hier in Afrika hatte ich den Eindruck, dass die jungen Menschen mit 14 oder 15 schlagartig erwachsen werden, eigene Familien gründen und keine Wahl haben.
Ich fand die verschiedenen Arten von Körperschmuck sehr interessant. Gleich mehrere Stämme verschönern ihre Gesichter mit Ziernarben. Mein Reiseleiter hat mir erklärt, dass man an diesen Narben manchmal sogar eine Stammeszugehörigkeit erkennen kann. Ich kann das natürlich nicht. Oft haben schon kleine Kinder Narben im Gesicht. Diese Tradition scheint nicht aus der Mode gekommen zu sein, im Gegensatz zu anderen viel brutaleren Traditionen. Die Frauen der Lobi haben sich zum Beispiel noch vor etwa 20 Jahren allesamt dicke Pflöcke aus Holz durch die Ober- und Unterlippe gerammt. Im Grunde so etwas wie ein Piercing, nur deutlich unbequemer, denn um den Pflock zu tragen, müssen die Damen ihre Schneidezähne opfern. Noch mehr über spannende Traditionen der kriegerischen Lobi werde ich in meinem nächsten Buch unterbringen.
Die Frauen in Burkina Faso fallen in ihren bunten Kleidern vor den Lehmhütten, den Graslandschaften und den recht farblosen Städten immer besonders auf. Ihre Kleider sind aus dicken stabilen Stoffen gefertigt, die man in einer Maßeinheit kaufen kann, welche eigens für Stoffe in Westafrika erfunden wurde und die offenbar soviel Stoff ist, dass auch eine dicke Frau darin eingewickelt werden kann. Die langen Bahnen von gewachsten bunten Tüchern haben die verrücktesten Muster. Am besten fand ich das Ventilator Muster und das Shrimp Muster.
Eure Beatrice
Ein spannendes Land mit aufrechten Menschen…toll!