Eine meiner bisher außergewöhnlichsten Reisen führte mich im vergangenen Winter nach Äthiopien, wo mir ein junger Mann sein schönes Heimatland zeigte. Auf Straßen, die schlecht bis nicht ausgebaut waren, bewegten wir uns meist nur langsam vorwärts und ich atmete wahrscheinlich mehrere Gramm des sehr trockenen Hochlandbodens ein. Aber für die beschwerliche Fortbewegung wird man in Äthiopien mehrfach mit unglaublichen Bauwerken belohnt. Umso unglaublicher sind die in den blanken Fels geschlagenen Kirchen, wenn man bedenkt dass vor 1000 Jahren Menschen mit einer zugegeben etwas verrückten Idee und mit Hammer und Meißel diese riesigen und sehr stabilen Monumente errichtet oder besser ausgegraben haben.
Unglaublich ist auch der unerschütterliche Glaube, den mir mein Reiseführer tagtäglich vorlebt. Er ist zum einen felsenfest davon überzeugt, dass der heilige Georg höchstpersönlich jahrelang beim Bau der Kirchen tatkräftig mitgeholfen hat. Zum anderen steht er jeden Morgen um 6 Uhr auf, um für eine sichere Reise zu beten, was seiner Meinung nach zu seinen Aufgaben als Reiseleiter gehört. Für ihn ist Gott unfehlbar, die äthiopische Regierung beinahe unfehlbar und seine Touristen hält er für ein wenig verrückt. Trotzdem trägt er mir auf, zu Hause Werbung für sein schönes Land zu machen. Und das tue ich auch aus voller Überzeugung.
In Axum sehe ich riesige Stelen, die noch aus der Zeit stammen, als Äthiopien noch nicht vom orthodoxen Christentum überzeugt war. Als das absolute Highlight meiner Tour wird mir die echte und originale Bundeslade angepriesen, die ich zwar nicht sehen darf, weil sie von den Priestern unter Verschluß gehalten wird, deren Gegenwart ich aber mindestens spüren kann. Nachdem ich Indiana Jones im Kino nach der Bundeslade habe suchen sehen, fällt es mir schwer, nun zu glauben, dass ich sie gefunden habe. Aber mein Begleiter läßt keinerlei Zweifel zu. Ich staune. Die Äthiopier lieben die Bundeslade so sehr dass in jeder Kirche im ganzen Land – und davon gibt es sehr viele – so etwas wie eine beglaubigte Kopie steht.
Eine leichte Enttäuschung sind die viel gepriesenen zweitgrößten Wasserfälle Afrikas. Um sie zu erreichen lasse ich mich stundenlang über eine Schotterstraße schaukeln, aber als ich dann ankomme wird mir kleinlaut mitgeteilt, dass die Wasserfälle heute leider nicht da seien. Wie bitte? Wo können die denn schon hin sein? So etwas wie die zweitgrößten Wasserfälle Afrikas verliert man doch nicht so einfach! Aber tatsächlich wurde das wenige Wasser, das in der Trockenzeit hier ankommt und noch den Anschein eines Wasserfalls aufrecht erhält, kurzerhand zum Kraftwerk umgeleitet. Ich bestaune also nur die schöne Landschaft, die manchmal die zweitgrößten Wasserfälle Afrikas beherbergt.
Im Geschichten erzählen ist mein Reisebegleiter ein As und die besten davon habe ich euch aufgeschrieben. Wenn ihr wissen wollt, warum die Bibel nur eine Best Of Version der wahren Geschichte ist, warum weibliche Bienen auf einer Insel im Tanasee keinen Zutritt haben, wo es noch echten Exorzismus gibt und ob Haile Selassie Regen oder Sonnenschein bringt, dann müsst ihr auf mein zweites Buch warten.
Eure Beatrice!