Lissabon hieß das Ziel an Allerheiligen. Zu einem so hohen katholischen Feiertag bot es sich quasi an, einen kleinen Abstecher zu Portugals berühmtestem Pilgerort zu unternehmen. Ich erinnere mich noch daran, dass meine Großmutter mir in ihrem Pilgerwahn einst aus Fatima irgendeinen heiligen Unsinn mitgebracht hat und mir voller Begeisterung von den Hirtenkindern erzählt hat, die dort die Mutter Gottes gesehen haben. Ich hatte fast den Eindruck, dass meine Großmutter etwas enttäuscht war, dass mir keine Heiligen erschienen sind. Schliesslich war ich damals auch in dem richtigen Alter. Wer weiss, wie mein Leben dann verlaufen wäre. Grund genug, sich das Ganze einmal mit eigenen Augen anzusehen.
Da die Mutter Gottes hier an einem 12. erschienen ist, wird jeden Monat am 12. eine Riesenparty hier gefeiert. Dazu ist ein gigantischer Platz vorhanden, auf dem es eigenartiger Weise verboten ist, Gruppenfotos zu machen. Da ich nicht an einem 12. in Fatima bin, kann ich nur über sehr wenige Pilger staunen. Zum Staunen bringen sie mich dennoch, denn einige von ihnen rutschen tatsächlich auf ihren Knien durch die Gegend. Über den ganzen Platz ist eine marmorne “Rutschbahn” gezogen, die mindestens 200 Meter misst. In einer kleinen Kapelle kann man vor etwas weniger Publikum rund um den Altar rutschen. Es ist für alles gesorgt, denn es werden sogar Knieschoner angeboten.
Die blonde Dame auf dem Foto, die entlang der offiziellen Rutschbahn kniend in Richtung Kapelle rutscht, hat sich ihre Hose komplett ruiniert.
Papst Johannes Paul II war ein großer Fan von Fatima und von der einzigen Überlebenden der drei Hirtenkinder, von denen zwei schon sehr früh gestorben sind. Die dritte empfing den vorletzten Papst mehrmals in Fatima, bis sie im hohem Alter schließlich auch starb. Dem Papst wurde sogar ein dickes Denkmal mit Blick auf den eindrucksvollen Platz gebaut.
Neben der Kapelle werden Kerzen und Wachsfiguren verkauft. In Dutzenden von Souvenirgeschäften wird Kitsch in allen (und ich meine wirklich alle) Preisklassen verkauft. Natürlich gibt es auch kleine Behälter in verschiedenen Formen, in die die Pilger das heilige Wasser abfüllen können, welches in der Mitte des gigantischen Platzes aus einem Brunnen fliesst.
Das eigentlich erstaunliche an Fatima ist, dass die katholische Kirche hier ungeheuer aussagekräftig zeigt, wie wahnsinnig viel Geld sie wohl hat und wie perfekt sie darin ist, den Menschen noch mehr Geld abzuknöpfen. Ich lasse mich natürlich anstecken. Auch wenn ich keine Kerzen kaufe, so lasse ich doch einige Euro in den Souvenirgeschäften und im Restaurant bei der lokalen Bevölkerung hängen.
Zu den wirklichen Sehenswürdigkeiten gehört Sintra. Hier besuche ich aus Zeitmangel nur den Palacio National. Im Innern der eindrucksvollen Palastanlage ist eindrucksvoll der Prunk der ehemaligen Bewohner in Szene gesetzt. Das ganze sieht zehnmal schöner aus, als auf den Fotos in meinem möglicherweise veralteten Reiseführer.
Dann kommt endlich Lissabon an die Reihe, der eigentliche Grund meiner Reise. Ich sehe mir das Castelo auf dem Hügel an und die verschiedenen alten Kirchen und mit Kacheln verzierten Gebäude. Es gibt viele sehr häßliche Ecken, vor allem im modernen Teil der Stadt. Mein Reiseführer lockt mich zum Colloseum, aber ich finde nur eine Straße, die voll von Müll und Dreck ist.
Aber es gibt auch einige Juwele hier zu sehen. Die Kathedrale Sé mit ihrem Kloster ist eindrucksvoll. Und wer hinter der Kathedrale in Richtung des Viertels Alfama läuft, der findet hier die richtige wunderschöne Altstadt. Wie im Reiseführer beschrieben, schlängeln sich die Waggons der historischen Straßenbahn durch die sehr engen Gassen. Manchmal passt nur ein Blatt Papier zwischen die Straßenbahn und die Hauswände. Kopfsteinpflaster und kleine Treppen zwischen den Gassen sorgen dafür, dass ich mich ständig verirre. Das Viertel erwacht erst spät am Abend zu wirklichem Leben. Ich verspüre gegen 18 Uhr Hunger, aber da lachen die Lissaboner nur drüber, denn hier wird erst gegen 22 Uhr gegessen. In einem Touristen-Nepp-Lokal finde ich endlich um 19 Uhr ein überteuertes aber leckeres Fischgericht.
Am nächsten Tag entscheide ich mich für ein weniger touristisches Lokal und bekomme ein fast identisches Fischgericht für ein Viertel des Preises. Man muss sich also nur ein wenig Zeit lassen zum Auswählen. Es gibt jede Menge Kirchen zu sehen, winzige Häuser, die eigenartiger Weise oft bis zu einer Haustür pro Meter Breite besitzen. Ich frage mich tagelang, wie wohl im Innern dieser Häuser die Erschließung geplant ist.
Ein Abstecher muss natürlich auch nach Belém gehen, dem Vorort von Lissabon, der einige der wichtigsten Sehenswürdigkeiten bietet. Mit der Bahn fahre ich einige Minuten und komme in einem recht modernen und wenig ansehnlichen Viertel an. Ich beobachte mit Staunen die wohl fast 100 Meter lange Schlange der Menschen, die vor dem Laden warten, der diese berühmten Pasteis de Belem verkauft. In meinen Augen sind es eher langweilige Blätterteigtörtchen.
Ich stelle mich lieber in die Schlange, die sich vor dem Hieronymus Kloster aufgestellt hat. Ich besuche Vasco Da Gama, der hier in einem dicken und eindrucksvollen Steinsarg liegt. Das Gebäude ist laut Reiseführer dem manuelitischen Stil zuzuordnen. Meiner bescheidenen Meinung nach liebte dieser Manuel den überladenen Kitsch und am liebsten sehr viel davon. Das Kloster borded vor Verzierungen über, was tatsächlich seinen Charme hat. Um das ganze dann aber nicht als überladenen Kitsch bezeichnen zu müssen, wurde der manuelitische Stil erfunden. Clever.
Das absolute Top Highlight von Lissabon ist der Torre de Belém, ein eher unauffälliger Turm am Ufer des Tejo. Er ist ganz hübsch und ich mache mehrere Fotos. Das kommunistisch imposante Entdeckerdenkmal stellt den Turm aber in den Schatten.
Also fahrt alle nach Lissabon und schaut euch um. Und wenn Ihr auf skurrile Pilgerorte steht, dann fahrt nach Fatima! Das empfehle ich nicht nur allen die gerne auf Knien rutschen oder die besonders gläubig sind. Sehenswert sind die Bauten hier allemal!
Eure Beatrice!
Wer sich für Portugal interessiert, sollte sich nicht auf die Hauptstadt beschränken. Danke an Steffi für viele wichtige Infos zur Algarve: Algarve-pur.de, eine Region, die ich auch irgendwann einmal besuchen will.