Nachdem ich in den letzten Jahren wohl ein halbes Dutzend Reisen nach Paris unternommen habe, war es an der Zeit, auch der deutschen Hauptstadt mal wieder einen Besuch abzustatten. Die Tatsache, dass der neue Flughafen noch immer nicht fertig gestellt ist, hat den Vorteil, dass man von Saarbrücken innerhalb von etwa einer Stunde nach Berlin Tegel fliegen und quasi mitten in der Stadt aus dem Flieger steigen kann. Ich bin diesmal nicht alleine unterwegs und habe gleich zwei Begleiter. Da einer von ihnen noch nie in Berlin war, stehen das Brandenburger Tor, die Eastside-Gallery, den Alexanderplatz und das Holocaust-Mahnmal auf dem Programm. Ersteres muss man einfach gesehen haben und letzteres ist einfach so wunderschön, dass auch ich es mir jedes Mal ansehen möchte, wenn ich nach Berlin komme. Da es mal wieder fies kalt ist in der Hauptstadt, verziehen wir uns schnell in die Museen.
Um sich aufzuwärmen ist jedoch ein Besuch bei den Berliner Unterwelten im Grunde die falsche Strategie. Das merke ich aber erst, als es schon zu spät ist und ich mit Helm und zitternd zwischen den zwei Meter dicken Betonmauern eines einstigen Flakturmes in der Nähe des Bahnhofs Gesundbrunnen stehe. Der Mann, der mit dieser Unterweltentour betraut ist, weiß viel zu berichten über den Flakturm, seine Entstehung, seine Funktion und die mühsamen Versuche, ihn zu zerstören. Stabil ist das Teil, das muss man ihm lassen. Die Geschichte ist wirklich spannend und ich muss über die schiere Verschwendung von Beton und Stahl staunen, die so ein Krieg mit sich bringen kann. Als ich dann noch höre, dass das Ungetüm im Winter einer bestimmten Fledermausrasse als Unterschlupf dient, bin ich fast schon erfroren. Nach eineinhalb Stunden in den Tiefen und der Dunkelheit, bin ich heilfroh, mich endlich in einem libanesischen Imbiss wieder auf Betriebstemperatur bringen zu können. Apropos libanesischer Imbiss: Mein Berlin-Programm besteht nicht nur aus Museen und Sightseeing, sondern auch aus einer kleinen kulinarischen Weltreise: Äthiopische, vietnamesische und indische Spezialitäten stehen auf dem Plan.
Lehrreich und irgendwie beängstigend ist der Besuch im Stasi-Museum, das praktischerweise im ehemaligen Komplex der Stasi untergebracht ist. Allein schon der Anblick dieser Gebäude (es ist mehr ein Stadtteil als ein Gebäudekomplex) lässt den Wahnsinn im Ansatz erahnen. Im Innern sind die Büros von Erich Mielke und seinen Mitarbeitern im Originalzustand erhalten und um zahlreiche Ausstellungsstücke und Erklärungen ergänzt. Man kann den Fernseher von Erich Mielke bewundern, sich eine Skizze anschauen, auf der seine Sekretärin verewigt hat, wie der Herr Minister gerne sein Frühstück angeordnet hat und den Koffer bestaunen, in dem der Chef der Stasi kompromittierende Unterlagen über Erich Honecker aufbewahrte, um sich unkündbar zu machen. Spätestens nach der zweiten von vier Etagen gewinnt man den Eindruck, dass etwa die Hälfte der Bürger der ehemaligen DDR irgendwie mit der Stasi zusammen gearbeitet haben und es fällt nicht mehr so schwer, die Paranoia nachzuempfinden.
Das Kunstmuseum im Hamburger Bahnhof soll uns auf etwas fröhlichere Gedanken bringen. Die hiesige Ausstellung ist auf andere Weise verstörend, denn zu den Kunstwerken gehören Kreationen von Joseph Beuys und anderen Künstlern, an deren Namen ich mich jetzt nicht erinnere, die Herrn Beuys in meinen Augen in Sachen Wahnsinn durchaus das Wasser reichen können. Eure Beatrice!