Bratislava – Viel mehr als Viennas kleine Schwester
Die schöne kleine Stadt Bratislava ist im Corona-Sommer eine der wenigen, die deutsche Touristen noch bedenkenlos willkommen heißt. Herzlichen Dank, Bratislava. Mein letzter Besuch in der Slowakei ist schon mehr als zehn Jahre her und ich erinnere mich lebhaft an eines der ältesten und hässlichsten Hotels meiner gesamten Karriere als Touristin und an eine hübsche und etwas in die Jahre gekommene Altstadt.
Die Slowaken haben sich in den letzten zehn Jahren wirklich Mühe gegeben, diese Altstadt auf Vordermann zu bringen. Sie erstrahlt in neuem Glanz und viele der wirklich schönen Bauten sind liebevoll renoviert worden. Nur hie und da sieht man noch eine Fassade, die mit Graffiti und Brettern vor den Fenstern versehen ist.
Dank Corona ist die Innenstadt trotz bestem Sommerwetter nicht überfüllt. Ich fühle mich pudelwohl und finde sogar schmackhafte preiswerte Leckereien. Die Leute essen hier Knoblauchsuppe und Käsesuppe, aber auch Pizza und sowas wie Tortellini.
Bratislava ist ein besonders guter Ort, um eine dieser Walking Tours mitzumachen. Man hat die Auswahl zwischen einer traditionellen historischen Tour und einer Tour durch die kommunistische Vergangenheit von Bratislava. Letztere führt in die weniger bekannten Stadtteile von Bratislava. Und dort warten einige Geheimnisse auf Touristen, die die Stadt abseits der wunderschönen Altstadt sehen wollen.
Da steht zum Beispiel das Radiogebäude von Bratislava, welches irgendwann einmal auf der Liste der hässlichsten zehn Gebäude der Welt stand. Dabei ist es nicht wirklich hässlich, sondern nur sehr ungewöhnlich. Es hat die Form einer umgedrehten Pyramide und hat wahrscheinlich die beste akustische Isolierung, die man sich vorstellen kann. In diesem ungewöhnlichen Bau wurden zum Beispiel alle Nationalhymnen aufgenommen, die bei den olympischen Spielen gespielt werden. Wir haben also alle schon einmal etwas gehört, das aus diesem Prachtbau kam.
Nicht weit von der Innenstadt und dem Präsidentenpalast entfernt, liegt der ehemalige Gottwald Platz. Dieser ist nach Klement Gottwald benannt, der wohl zu Beginn seiner Karriere als Politiker ein erklärter Gegner oder zumindest Skeptiker gegenüber Stalin war. Offenbar ist er dann irgendwann einmal nach Moskau gereist und war anschließend der größte Fan, den Joseph Stalin jemals hatte. Der Diktator hatte ihn einfach so für sich eingenommen und bald war Gottwald der schlimmste Diktator, den die damals noch Tschechoslowakei je hatte.
Als Väterchen Stalin schließlich starb, wohnte Gottwald der Beerdigung bei und ist zwei Monate darauf an schierer Trauer gestorben. Auf dem Gottwald Platz stand und steht bis heute ein Ungetüm, das im Grunde ein Springbrunnen ist. Dieser wurde so designt, dass er einen Höllenlärm macht. Daher ist er auch heute abgeschaltet und rostet vor sich hin. Der gesamte Platz ist so gestaltet, dass hier niemand auf die Idee kommt, eine Revolution oder irgendeine gemeinschaftliche Veranstaltung zu organisieren. Der Brunnen, der angeblich im Geräuschpegel mit den Niagarafällen vergleichbar ist, soll nun möglicherweise ersetzt werden. Es gibt einen Architekturwettbewerb. Neun von zehn Entwürfen sehen es vor, das Monstrum zu entfernen. Mal sehen, was aus dem Gottwald-Platz, der nun nicht mehr so heißt, werden wird.
Zu guter Letzt muss ich noch erwähnen, dass zu Zeiten des Kommunismus nicht alles schlecht war: Das einzige, woran sich die Bürger von Bratislava mit Wehmut erinnern, sind die ehemals richtig schönen und sauberen öffentlichen Toiletten, für die nach der Wende kein Geld mehr da war. Lustigerweise sind sie fast alle in Pubs umgewandelt worden und offenbar erhält man heutzutage das beste Bier in ganz Bratislava in den ehemaligen öffentlichen Toiletten-Pubs.
Eins muss ich noch erwähnen: In Bratislava habe ich ein Getränk gefunden, das mich hellauf begeistert hat: ein Cidre mit Minze-Salatgurken-Geschmack. Musste ich einfach kaufen, weil es einfach so absurd klingt. Aber es war unheimlich lecker!
Eure Beatrice!