Endlich Entwarnung: Es gibt wieder Waffeln, Muscheln und Bier
Das letzte Mal, dass ich in Brüssel war, um tatsächlich Sightseeing zu machen, ist schon eine ganze Weile her. Ich glaube, damals hatte ich noch nicht einmal eine Digitalkamera. Es mussten erst ein bis zwei Amerikaner auftauchen, um mich daran zu erinnern, dass Brüssel ein wunderbares Reiseziel und eine Weltstadt ist. Schnell war ich davon überzeugt, dass es eine gute Idee wäre, mal wieder nach Brüssel zu fahren, zumal es dort das zweitbeste Bier der Welt gibt und ich nahezu perfekt dazu geeignet bin, den DD (designated driver) zu spielen.
Dummerweise gab die belgische Regierung (wir sind ja im Grunde froh, dass Belgien aktuell eine Regierung hat – das war nicht immer so) vor ein paar Wochen eine Terrorwarnung heraus. Alle waren schwer damit beschäftigt, flüchtige Terroristen zu suchen und die Bilder der vollkommen verwaisten Brüsseler Innenstadt wirkten wie aus einem Zombiefilm. Pünktlich zu unserem anvisierten Reisetermin setzte die Regierung die Gefährlichkeitsstufe von 4 auf 3 zurück und alle Touristen waren wieder willkommen. Sogar die Amerikaner durften nun wieder das gelobte Land des zweitbesten Bieres der Welt betreten.
Zielsicher fand ich das kitschigste Hotel, das man sich vorstellen kann. Und so standen wir an einem schönen Freitagabend im Hotel Mozart, bewunderten die wirklich außergewöhnliche Dekoration, die aus goldgerahmten Portraits von Adligen, Fabergé –Eiern, thronartigen Polstersesseln, vergoldeten Kronleuchtern und anderen glitzernden Ungetümen bestand. Nicht wirklich schön, aber allemal einmalig.
Vom Hotel aus konnten wir in einer Minute die Grande Place erreichen, wo ein Schauspiel aus Farbe und Musik im Gange war. Kaum waren die Terroristen verschwunden, eroberten die Touristen die Stadt zurück und zwar in Massen. Die Innenstadt wirkte, als sei die Stimmung nie getrübt gewesen. Der Weihnachtsmarkt bot Glühwein an, die Menschen fotografierten die bunt angestrahlten Fassaden und die Weihnachtsbäume strahlten vor sich hin. Wir wagten uns in die Muschel-Gasse, deren tatsächlichen Namen ich nicht kenne. Tapfer und standhaft schafften wir es, die ersten sieben der aggressiven Touristenfänger abzuwehren und ließen uns dann schließlich von einem von ihnen einfangen. Die belgischen Touristenfänger, die mit allen Methoden und mit Kenntnissen von mindestens 34 der verbreitetsten Sprachen dafür bezahlt werden, wehrlose Touristen in die Restaurants zu locken, stehen ihren türkischen und ägyptischen Kollegen in nichts nach. Während die Herren Tonnen von Muscheln aus riesigen Töpfen verschlingen, begnüge ich mich mit Lachs, Salat und Pommes Frites. Die Tatsache, dass man zu dem ganzen eleganten Kram eine handelsübliche Plastikflasche mit Mayonnaise auf das blütenweiße Tischtuch gestellt bekommt, empfanden sogar die Amerikaner als ein Sakrileg.
Den Abend, wie im Übrigen auch den folgenden Abend, verbrachten wir im Delirium Tap House, wo es mehr als 3000 Sorten Bier gibt. Das ist für Nicht-Europäer natürlich eine besondere Attraktion, denn in Nordamerika gibt es nur sehr fragwürdige Biersorten. Während sich die Herren durch die fiesesten 11%-Weihnachtskreationen kämpfen, bestelle ich ein mehr als eigenartiges Bier mit Mangogeschmack und schließlich eines mit Schokoladengeschmack. Ich kann euch versichern, dass Bier und Schokolade nicht eben gut zusammenpassen.
Über das Frühstück im Mozart Hotel kann ich leider keine Auskunft geben. Wir haben allerdings eine sehr traditionelle mehrfach dick belegte belgische Waffel gegessen und uns Manneken Pis angeschaut. Nachdem Belgien mit dieser Figur überall auf der Welt Werbung gemacht hat, erlebt man vor der winzigen Statue immer wieder chinesische und amerikanische Touristen, die maßlos enttäuscht sind, weil sie etwas in der Größe der Freiheitsstatue erwartet haben. Und dann stehen sie alle vor dem kleinsten Penis der Welt und schießen aus reiner Verzweiflung Fotos, wobei sie sehr darauf achten, dass die Figur auf dem Foto möglichst groß wirkt, um nicht andere potentielle Touristen zu desillusionieren.
Auf jeden Fall war mein Ausflug nach Belgien ein Erfolg. Auf der Jeans, die ich am Montag in der Baustellenbesprechung trug, konnte man noch deutlich die Spuren von Bier mit Schokoladengeschmack, Waffeln mit Nutella, Schlagsahne und Banane sowie Lachs mit Pommes Frites und Mayonnaise erkennen. Ich werde sicher bald wieder nach Brüssel fahren und dann eine zweite Jeans mitnehmen.
Eure Beatrice!