Ceausescus Bukarest
Bukarest ist eine Reise wert. Ohne Zweifel. 2010 war ich zuletzt in der rumänischen Hauptstadt und ich kann mich noch lebhaft an die Rudel von Straßenhunden erinnern, die in mir nach Einbruch der Dämmerung damals eine leichte Besorgnis hervorgerufen haben. Diese Hunde sind vollständig verschwunden, mitsamt ihrer Nachkommen. Die schönen alten Gebäude sind alle noch da. Viele schreien nach einer Renovierung, aber viele sind auch bereits restauriert. Die Altstadt erhält durch diese Mischung aus baufälligen Fassaden und liebevoll gepflegten Altbauten eine ganz besondere Note.
Was mich bei meinem Besuch in Bukarest dieses Mal interessiert hat, war der Teil der rumänischen Geschichte, derdem Kumminusmus und mit Ceausescu in Verbindung steht. Nicolae Ceausescu herrschte von 1965 bid 1989 über die sozialistische Republik Rumänien und zwar mit eiserner Hand. Er wird als neostalinistischer Diktator bezeichnet, was schon recht aussagekräftig ist. Die kommunistische Epoche Rumäniens ist eine interessante Zeit, die in der Revolution endete und mit der Hinrichtung Ceausescus und seiner Frau.
Es fing ja alles eher vielversprechend an. Ceausescu wandte sich dem Westen zu, weigerte sich, Truppen zu senden, um den Prager Frühling niederzuschlagen. Rumänien war das erste Land aus dem Osten, das diplomatische Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland aufnahm.
Um das Rumänien Ceausescus etwas besser zu verstehen, wollte ich die Orte besuchen, an denen er gelebt und geherrscht hat. Sicher gibt es viele davon, aber auf jeden Fall ist die dekadente Villa, in der er mit seiner Familie gewohnt hat, ein guter Anfang. Mit blauen Plastiküberziehern um die Schuhe bin ich also durch die eleganten Räumlichkeiten der Villa Ceausescu oder auch Palatul Primaverii geschlurft. Ceausescu wollte, dass alle Familien fünf Kinder haben und dass sein Volk schnell wachsen sollte. Eine seiner Maßnahmen war die Kriminalisierung von Verhütungsmitteln. Viele Familien hungerten und konnten ihre Kinder nicht versorgen. Schon garnicht fünf.
Umso erschreckender ist der Prunk in der Villa der Familie Ceausescu. Marmor, goldene Armaturen in den Badezimmern, ein Spa-Bereich mit einem von bunten Mosaiken umgebenen Schwimmbecken, Staatsgeschenke wie Gobelins und teures Porzellan, ein riesiges Ankleidezimmer mit 30 Schränken und teuren Pelzmänteln, eine Sauna, ein Friseursalon und ein elekrisches Schachspiel zeugen von der verschwenderischen Lebensweise. Im Wintergarten prangen goldene Mosaike an der Decke. Im Wohnzimmer steht ein Farbfernseher, obwohl in Rumänien damals nur zwei Stunden am Tag Fernsehprogramm ausgestrahlt wurde – und zwar in Schwarz-weiß. Das war aber kein Problem, denn die Ceausescus hatten im Keller ihr eigenes Kino.
Im Garten sitzen Pfauen und nerven mit ihrem Geschrei die Nachbarschaft. Einst hatte Ceaucescu 18 Pfauen. Überhaupt ist das Motiv Pfau überall zu finden: auf Teppichen, Gemälden und Vasen. Zugegeben. Pfauen haben schon irgendwie was majestätisches.
Daher müssen Besucher auch ihren Ausweis zeigen und durch den Metalldetektor gehen. Die Räume, die man besichtigen darf, sind recht eindrucksvoll. Versammlungssäle, eine Art Theater mit Bühne und einem 5 Tonnen schweren Kronleuchter, weite Flure mit dicken Teppichen und Marmorsäulen, ein 2200 Quadratmeter großer Ballsaal mit tonnenschweren Vorhängen und stuckverzierten Decken. Die Stelle, an der Ceausescus Porträt hängen sollte, ist leer.
Ein zweiter Ort, der erahnen lässt, wie größenwahnsinnig Ceaucescu war, ist der Parlamentspalast, den er hat entwerfen lassen. Nach dem Pentagon ist der Palast das zweitgrößte Regierungsgebäude der Welt. 1984 begannen die Bauarbeiten unter der Leitung von Anca Petrescu und 70 weiteren Architekten. Nur 40% des Gebäudes wurden fertig und nach Ceausescus Hinrichtung gab es erst einmal einen Baustopp. Irgendwann einigte man sich darauf, das Riesengebäude zu nutzen, Diktator hin oder her. Es war schön. Es war halb fertig und es war ja schon echt teuer gewesen. 1994 ging es also weiter, lustigerweise wieder unter der Leitung von Anca Petrescu. 2004 konnten die Büros bezogen werden. über 1000 Leute arbeiten heute hier.
Die oberen Geschosse, in denen er residieren wollte, sind nach 1994 einfach noch einmal komplett umgeplant worden und beherbergen funktionale moderne Büros. Einzig die marmornen Treppenaufgänge zu diesen Bereichen sind leicht überdimensioniert.
Ein ziemlich eindrucksvolles Bauwerk ist dieser Parlamentspalast. Das muss ich sagen.
Aber Bukarest hat noch so viel mehr zu bieten als kommunistisch anmutende Bauten. Die kulinarische Palette ist toll und sehr international. Vietnamesische Suppe, libanesische Leckereien und italienisches Eis machen alle Besucher glücklich. Natütlich ist auch die rumänische Küche vertreten und zwar nicht schlecht! Klasse ist, dass an den Wochenenden ganze Straßenzüge im Zentrum der Stadt gesperrt werden und zur Fußgängerzone werden. Die Atmosphäre in der Innenstadt ist sonntags einfach grandios. Alle sind draußen, schlecken Eis in der Sonne und schlendern durch die Straßen.
Eure Beatrice!