Dresden – Kunstdiebe und sorglose Sommernächte
Auf der Suche nach den schönsten Zielen in Deutschland bin ich recht schnell auf Dresden gestoßen. Das Elbflorenz, eine Stadt der Künste und der berühmten Frauenkirche; eine Stadt, die im wahrsten Sinne des Wortes aus der Asche wieder auferstanden ist. Daher ist die Altstadt von Dresden auch quasi nagelneu. Dabei ist es ziemlich gut gelungen, das historische Flair wieder aufleben zu lassen.
Die Semperoper ist sicher eines der bekanntesten Gebäude in Dresden. In den 1830er Jahren baute der damalige Hofbaumeister ein schmuckes Opernhaus, das ab 1841 das Juwel der Stadt und der gesamten regionalen Musikszene war. Semper stellte sich 1849 auf die falsche Seite einer erfolglosen Revolution und wurde der Stadt verwiesen. 1869 gab es einen bösen Brand und die von allen geschätzte Oper lag in Schutt und Asche. Daraufhin gab es eine Unterschriftensammlung in der Bevölkerung, die dem Fürst nahelegte, Semper zurückkehren zu lassen, damit er eine neue Oper bauen konnte. So geschah es.
Die jetzige Semperoper ist bis auf einige wenige Steine ganz neu. Und das war ein ziemlicher Kraftakt, denn die Architekten haben erst 1977 nachdem man sich 22 Jahre lang die anklagend aufragende Ruine mitten in der Stadt angeschaut hatte, die alten Pläne von Gottfried Semper ausgegraben und alles ganz genau so machen lassen, wie er es damals gemacht hatte. Das bedeutete, dass die Maler und Gipser Techniken erlernen mussten, die seit Jahrzehnten ausgestorben waren. Sie haben falsche Marmorsäulen mit einer historischen Gipstechnik erschaffen und einen Bau hingestellt, der dem Original zum Verwechseln ähnelt, bis auf ein paar kleine Verbesserungen – so gibt es zum Beispiel die „billigen Plätze“ nicht mehr und auch eine leicht verbesserte Brandschutztechnik. Wenn Ihr nicht die Zeit habt, eine stundenlange Wagner-Aufführung zu besuchen, dann macht doch die Führung durch die Oper mit. Die dauert knapp eine Stunde und ist sehr interessant.
Die Frauenkirche ist zwar mindestens genauso bekannt, aber irgendwie nicht ganz so eindrucksvoll. Vielleicht habe ich sie auch auf dem falschen Fuß erwischt. Nach allem, was ich von dieser Kirche gehört habe und nach den ganzen Diskussionen um die Millionen, die der Neubau verschlungen hat, war ich irgendwie etwas enttäuscht. Vielleicht hätte ich, wäre ich in der Stadtplanung von Dresden tätig gewesen, die Ruine stehen lassen, als Mahnmal. Wer weiß. Man wird sicher nicht gerne täglich an eine der wohl gründlichsten und verheerendsten Zerstörungen einer Stadt in der modernen Geschichte erinnert, aber diese Zerstörung ist nun einmal Teil der Geschichte Dresdens.
Daher bin ich auch kurz vor meiner Abreise noch einmal ins Stadtmuseum gegangen, um mehr über diesen Teil der Vergangenheit Dresdens zu erfahren. Die Schicksale der Menschen, die bei der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 mit dabei waren, sind ergreifend und grausam. 25.000 Menschen sind damals ums Leben gekommen. Die gesamte Stadt stand in Flammen. Kaum ein Stein lag mehr auf dem anderen. Kinder sind auf der Flucht auf Leichen getreten. Ein paar Tage später wurden auf dem Marktplatz 6.865 Tote verbrannt. Gleichzeitig wurde auch dem letzten Zweifler klar, dass der Zweite Weltkrieg für Hitlerdeutschland verloren war. Leider hat die DDR-Regierung dieses verheerende Ereignis später zur eigenen Propaganda benutzt. Auch darauf geht das Museum ein.
Was in Dresden ebenfalls zu den Top Ten der Sehenswürdigkeiten gehört, und wovon meine Oma Zeit ihres Lebens geschwärmt hat, ist das Grüne Gewölbe. Auch hier war ich beinahe etwas enttäuscht, weil das Gewölbe alles andere als ein Gewölbe ist. Es sind ein paar Räume in einem Schloss. Erdgeschoss. Eher eine Schatzkammer. Und zudem keine Spur von Grün. Zumindest nicht mehr. Die Schätze, die in dieser Schatzkammer aufbewahrt werden sind allerdings der Hammer. Richtig teurer Schnickschnack, der beweist, dass August der Starke nicht nur superstark, sondern auch steinreich war. Er hatte kunstvoll verarbeitete Straußeneier, Drechselarbeiten aus Elfenbein, gigantische Kunstwerke aus Bernstein und viele viele Diamanten und Edelsteine.
An dieser Stelle ist auch die Geschichte des Einbruchs im vergangenen Jahr eine Erwähnung wert. Die Diebe haben sich Zugang verschafft, indem sie einen Trafo abgeschaltet und dann ganz flott ein Gitter vor einem Fenster abgeflext haben. Mit einer Axt haben sie eine Vitrine zerschlagen und da ein paar funkelnde Schmuckstücke erbeutet, die über und über mit Diamanten versehen waren. Das Sicherheitspersonal schaute dem Geschehen auf den Bildschirmen der Videoüberwachungssysteme zu und traute sich wegen der Axt nicht, einzugreifen. Bis die Polizei sich telefonisch rückversichert hatte, dass es sich tatsächlich um einen Einbruch und nicht um einen Höflichkeitsalarm handelte, waren die Diebe und die Diamanten schon längst über alle Berge.
Eine spannende Stadt, da an der Elbe. Kaum einer schert sich um Corona-Bestimmungen, da die Infektionszahlen ja in Sachsen recht gering sind. Glücklicherweise habe ich niemanden getroffen, der meine Befürchtungen über Dresden bestätigt hat. Niemand hatte ein Pegida-Schild in der Hand, niemand trug Springerstiefel mit weißen Schnürsenkeln (was vielleicht auch daran lag, dass es über 30°C warm war) und niemand verhielt sich unangemessen gegenüber Ausländern. Ich war positiv überrascht.
Danke Dresden für den freundlichen Empfang.
Eure Beatrice!