Fianarantsoa – Kolonialbauten Reisebericht von Beatrice Sonntag
Der Name Fianarantsoa ist nicht nur auf den ersten Blick unaussprechlich, er hört sich von einem echten Madagassen ausgesprochen auch noch ganz anders an. Die Os klingen mehr wie Us, denn im madagassischen Alphabet gibt es keine Us. Außerdem ist dieser Ortsname schon deshalb etwas Besonderes, weil er nicht mit A beginnt. Durch Fianarantsoa (immerhin 4 mal A, wenn auch nicht am Anfang) komme ich auf der Nationalstraße N7, die mich von Antananarivo (4 mal A) nach Toliara (nur 2 mal A) führt.
Genug davon, denn Fianarantsoa hat viel mehr zu bieten, als nur Buchstaben. Die Stadt hat zwei Zentren: die Altstadt auf einer Anhöhe und das moderne Stadtzentrum, das sich am Fuße des Hügels zwischen einem Stadion und dem Bahnhof aus der französischen Kolonialzeit konzentriert. Die Luft unten auf den Straßen ist hoch giftig. Uralte Fahrzeuge und riesige maßlos überladene Lastwagen verpesten mit ihren Abgasen die Umgebung und der Müll häuft sich in einer Art Abwasserrinne, die die Hauptstraße säumt. Abgesehen davon, dass man hier kaum atmen kann, ohne seiner Lunge bleibende Schäden zuzufügen, ist das Treiben vor dem Bahnhof und auf den Straßen unterhaltsam. Die Innenstadt gleicht einem einzigen Markt.
Interessant und zudem für die Lunge wesentlich angenehmer, ist die Altstadt, die sich auf einem Hügel befindet. Hier gibt es nicht nur Atemluft, sondern auch historische Wohnhäuser und Kirchen, die sehr nach Kolonialarchitektur aussehen. Steile Sträßchen führen bergan zu malerischen Gebäuden, die alle am Hang liegen, von kleinen Gärten umgeben und liebevoll gepflegt sind. Hier genießen alle meine Organe den Spaziergang.
Fianarantsoa ist außerdem die Wahlheimat von Pierrot Men, dem wohl berühmtesten Fotografen Madagaskars. Er hat unmittelbar an der Hauptstraße ein kleines Atelier und wenn er nicht gerade in der Welt unterwegs ist, um seine Bilder auszustellen und den Menschen in der Fremde seine Sicht auf Madagaskar und seine Bewohner zu zeigen, dann empfängt er hier Besucher. Ich habe Glück und er ist gerade zugegen. Der Künstler zeigt mir seine Räumlichkeiten, die mit tausenden von Fotografien vollgestopft sind, die meisten in Schwarz-Weiß.
Er fotografiert vornehmlich Menschen aus Madagaskar und nachdem ich seine Bilder gesehen habe, bin ich motoviert, um noch mehr Fotos zu machen, als ohnehin schon. Hin und wieder gelingt ja auch mir ein schönes Bild, was ich aber weniger auf meine Begabung als Fotografin sondern mehr auf die Motive zurückführe.
Und von Fianarantsoa aus geht es dann weiter nach Süden…
Eure Beatrice!