Gondar – Löwenkäfige und Massentaufen
Um nach Gondar zu gelangen hatte ich damals die Wahl zwischen einer endlosen Fahrt auf einer Offroad-Strecke und einem relativ kurzen Flug, der jedoch auch eher offroad war. Immerhin ist das Abenteuer in einer Propellermaschine von Lalibela nach Gondar nach einer halben Stunde vorbei.
Das absolute Highlight in Gondar ist die Palastanlage von König Fasilidas. Er hat hier gelebt und viele Nachkommen gehabt. Das Interessante an der Palastanlage ist, dass jeder neue König einen neuen Palast gebaut hat. Offenbar war es damals inakzeptabel, in Papas Palast einzuziehen, selbst dann nicht, wenn Papas Palast großartig war und wen Papa gerade verstorben war.
Viele Thronfolger übernahmen Papas Posten, indem sie ihren Papa kurzerhand um die Ecke brachten. Johannes I folgte seinem Vater Fasilidas ausnahmsweise auf friedliche Weise auf den Thron. Allerdings packte ihn dann während seiner Regierungszeit doch noch die Blutgier. Er ging in die Geschichte Äthiopiens ein, indem er alle Moslems und Juden aus seinem Reich vertrieb und das nicht immer auf freundliche Art und Weise.
Johannes Sohn Johannes entwickelte eine seltene Hautkrankheit und verbrachte fast nur noch Zeit in seiner Sauna, was ihm Linderung verschaffte. Dies war seiner Beliebtheit abträglich, woraufhin er die Steuern erhöhte und ein paar Kriege anzettelte. Das gefiel dem Volk auch nicht. Sein Sohn David nahm sich des Problems an, indem er ihn vergiftete und die Regierungsgeschäfte übernahm.
Solche blutigen und spannenden Geschichten hörte ich in Gondar auf meinem Spazierganz von Palast zu Palast, von Regierungszeit zu Regierungszeit. Ach ja, David fügte der Palastanlage noch eine besondere Absurdität zu: einen Löwenkäfig.
In Gondar sieht man außerdem den berühmten Pool, an dem noch immer jedes Jahr das Timkat Fest gefeiert wird. War der Pool hier im Lande des Wassermangels zu den Zeiten der damaligen Herrscher noch ständig gefüllt, passiert dies heute nur noch einmal im Jahr. Beim Timkat Fest werden am 19. Januar Unmengen von Menschen getauft und dafür eignet sich dieser Pool einfach perfekt. Am Ende kann man mit dem heiligen Wasser auch noch die Felder der Umgebung bewässern.
Mein Hotel in Gondar kann ich nicht weiterempfehlen. Es hatte einen überdachten Innenhof, der gleichzeitig als Parkplatz diente. Das führte dazu, dass die Flure des gesamten Hotels mit stark abgasbelasteter Luft gefüllt waren. Zudem befand sich direkt neben meinem Zimmer ein Open-Air-Spielesalon. Dort ging bei Billard und Tischtennis bis in den frühen Morgen der Punk ab.
Trotzdem würde ich jederzeit wieder nach Gondar fahren. Es gibt nämlich noch einiges mehr zu sehen. Vielleicht fahre ich nächstes Mal am 19. Januar hin. Timkat wäre noch etwas, das ich gerne mal miterleben würde.
Eure Beatrice!