Qatar Airways bringt mich auf die Idee, aus einer Zwischenlandung einen Kurzurlaub zu machen und zwei Übernachtungen in Doha einzuplanen um mir die Hauptstadt des kleinen Wüstenstaates etwas genauer anzusehen. Schon an dem Schalter, wo man das Visum erhält, wird man Zeuge modernster Technik: Ein Visum kann nur erwerben, wer entweder eine Visa oder eine Mastercard besitzt. Hinterweltler, die eine American Express Karte haben oder auf Bargeld schwören, kommen also garnicht erst rein. Mein nepalesischer Guide versichert mir, dass ich alles, was hier in irgendeiner Weise sehenswert ist, locker innerhalb von vier Stunden sehen kann. Doha wurde also quasi als Stopover Destination gebaut.
Hier ist der Winter mit Höchsttemperaturen von 35ºC schon recht sommerlich aber der Sommer, der nun beginnt, kann mit Temperaturen um die 55ºC wirklich beeindruckend sein. Ich fühle mich wie in einem Umluftherd: Es ist heiß und es weht konstant ein heftiger Wind. Vor dem Flughafengebäude rettet mich ein Angestellter der Flughafensicherheit davor, in ein illegales Taxi einzusteigen. Beinahe liebevoll tätchelt er die Wange des illegalen Taxifahrers und sagt zu ihm auf Englisch „Du weisst doch, dass du das nicht darfst!“
Ich hatte mich also offenbar nicht in Gefahr befunden, entführt, zerstückelt und in der Wüste vergraben zu werden, sondern nur, einen leicht überhöhten Preis für die Fahrt zu zahlen. Dennoch bin ich meinem Retter dankbar. Katar gehört zu den sichersten Ländern dieser Erde. Zumindest behauptet das mein freundlicher nepalesischer Reisebegleiter für die Stadtbesichtigung, die ich gebucht habe. Der junge Mann gehört zu den 80% Ausländern, die der kleine Staat beherbergt und ohne die er augenblicklich zusammenbrechen würde. Die 20% tatsächlichen Katari sind in der Regel stinkreiche Scheichs, die entweder für die Regierung oder wichtige Konzerne arbeiten, das aber auch nur von 7 bis 14 Uhr an fünf Tagen in der Woche. Sie zahlen keinerlei Steuern, werden königlich für ihre Arbeit entlohnt, dürfen bis zu vier Frauen heiraten und sind daher mit ihrem König mehr als zufrieden. Hier wird es nach Einschätzung von George aus Nepal so schnell zu keiner Revolution kommen, wie sie in anderen arabischen Staaten gerade an der Tagesordnung sind.
Katar ist seit 1971 nach Besetzung durch Portugal, die Türkei und schließlich Großbritannien unabhängig. Im selben Jahr wurden gigantische Erdgasvorkommen gefunden, die dem Land noch für die nächsten 200 Jahre Reichtum bescheren werden. Die Geschichte Katars beginnt im Grunde erst mit diesem Datum. Um ein wenig Kultur zu schaffen, wurden ein hochmodernes Kulturzentrum und ein architektonisches Meisterwerk von Museum gebaut. Die islamische Kunst, die hier ausgestellt wird setzt sich jedoch ausschließlich aus Funden aus anderen Ländern zusammen, weil hier einfach nichts zu finden war.Die Überbleibsel der wenigen kleinen Beduinen- und Fischerdörfer wurden wohl einfach von einem Sandsturm fort geweht.
Vor der beeindruckenden aber erst zu 60% fertig gestellten hochmodernen Skyline machen wir einen Fotostopp. Gigantsiche wunderschöne Wolkenkratzer aus Glas und Stahl in kreativen futuristischen Formen schießen hier aus dem Boden. Überall sind Baukräne zu sehen. Fast alle Gebäude im älteren Teil der Stadt sind in der Farbe des die Stadt umgebenden Sandes gehalten. Das liegt schlicht und einfach daran, dass die Gebäude, die eine andere Farbe haben nach einigen Monaten ohnehin die Farbe des Sandes annehmen, der kontinuierlich Dank der mal heftiger und mal weniger stark wehenden Sandstürme überall verteilt wird. Es ist also eine Herausforderung und ein teurer Spaß, gläserne Hochhäuser zu bauen.
In den Souks der etwa 40 Jahre „alten“ Altstadt sehen wir Geschäfte, die alles verkaufen, was das Herz begehrt. Es gibt Luxusgüter wie Porsche und lebendige Falken zu kaufen, Obst und schweizer Schokolade. Besonders merkwürdig erscheint mir ein Stand, der bunt eingefärbte Hühner-Kücken verkauft, was mich an bunte Ostereier denken läßt. Möglicherweise wurde hier etwas falsch übersetzt. Natürlich ist alles importiert, denn Katar fördert und exportiert nur Erdöl und Erdgas. So kommt es, dass ein Liter Wasser mehr als doppelt so teuer ist wie ein Liter Benzin.
Ein zweiter Ausflug bringt mich in die südlich der Hauptstadt gelegenen Wüstenlandschaften Katars. Mit einem hochmodernen Allradfahrzeug werde ich über nagelneue komfortable Straßen bis dorthin transportiert, wo die Wüste beginnt. Der wortkarge Mensch im weißen Gewand läßt etwas Luft aus den Reifen, bittet darum, die Anschnallgurte anzulegen und brettert dann über die wunderschönen Sanddünen in Richtung der saudiarabischen Grenze. Es geht bergauf und manchmal in recht beunruhigendem Winkel wieder bergab. Hin und wieder verschwindet mein Autofenster hinter Sand, aber wir kommen heil an. Vor einem tiefblauen See hält der Jeep an. Auf der anderen Seite des Gewässers beginnt Saudi Arabien. Ich habe nun also fast alles von Katar gesehen. Ich mache schnell ein paar Fotos, während sich meine Beine im Wind anfühlen wie in einem Sandstrahlgebläse. Die Schuhe auszuziehen ist unmöglich, denn der Sand ist heiß wie eine Kochplatte. Auch der Rückweg ist rasant und sorgt dafür, dass sich mein Magen hebt und senkt, aber die Ausblicke sind nicht ganz so eintönig, weil wir teilweise am Meer vorbei fahren. So eine richtige Sandwüste wie im Märchenbuch ist schon was aufregendes!
Am Abend esse ich leckeres Hommos und ein Gericht aus Reis und Auberginen. Die Stadt erwacht langsam zum Leben, als die unbarmherzige Sonne langsam untergeht. George sagt, dass auf zwölf Haushalte ein Shoppingcenter kommt: Klimatisierte elegante Gebäude, in denen man alles kaufen kann und wo es zudem Restaurants und ganze Erlebnisparks vor Sand und Hitze geschützt gibt. Aus Mangel an Land und einfach nur, weil man es kann, wurden vor der Küste von Doha künstliche Inseln aufgeschüttet, die denen in Dubai in nichts nachstehen. Katar ist so neu und modern, dass es sich nach Geschichte und Tradition sehnt. Alle wollen immer das, was sie gerade nicht haben. Gleichzeitig werden Hightech Fußballstadien für die Weltmeisterschaft gebaut. Fazit: Der Welt sicherster und modernster Sandkasten mit der größten Baustelle und der neuesten Tradition. Eindrucksvoll!
Wenn Euch die Katar Airways befördert, dann steigt doch kurz mal aus!
Eure Beatrice!