Kigali – Ein Genozid ist ein Genozid zu viel
Mein Besuch in Kigali hat mich in sehr gemischte Gefühle gestürzt. Sicherlich hatte ich schon von Ruandas Geschichte und auch vom Völkermord an den Tutsis gehört, aber es ist immer etwas anderes, sich schließlich vor Ort mit dem Thema zu beschäftigen. 1994 wurde hier in Ruanda etwa eine Million Menschen auf bestialische Weise ermordet. Damals war ich gerade 14 Jahre alt und ich hatte andere Prioritäten. Ich erinner mich dennoch daran, dass in der Presse von so etwas wie einem Bürgerkrieg die Rede war. Außerdem war Europa damals mit dem Geschehen im ehemaligen Jugoslawien beschäftigt.
Wer sich mit dem Völkermord in Ruanda auseinandersetzt, dem wird schon in den ersten Minuten klar, dass es sich dabei keinesfalls um einen Bürgerkrieg gehandelt hat. Es waren auch keine ethnisch motivierten Auseinandersetzungen, denn Hutu und Tutsi sind keine Ethnien, keine Völker oder Stämme. Es ist eine Klassifizierung, die die belgischen Kolonialherren bewusst und willkührlich eingeführt hatten, wahrscheinlich, um die Leute gegeneinander aufzubringen.
Dies wird mir in den ersten Räumlichkeiten der Genozid-Gedenkstätte erklärt, gleich nachdem ich Massengräber für mehrere tausend Menschen besucht habe. Unglaublich oder beziehungsweise noch unglaublicher wird es im Obergeschoss, wo Fotos von einigen Kindern zu sehen sind. Es ist jeweils angegeben, was deren Lieblingsspeise, Lieblingsspiel oder Lieblingsgetränk war. Darunter steht, wie die Kleinen ums Leben kamen. Die meisten sind mit Macheten zerstückelt worden. Einige wurden gegen eine Wand geworfen, andere erschossen. Wie sehr muss man hassen um ein einjähriges Kind mit einer Machete in Stücke schneiden zu können? Ich verstehe es nicht.
Umso unglaublicher ist es, dass Ruanda das Unfassbare geschafft hat: die Versöhnung. Sicherlich gibt es noch viele, die nachtragend sind und auch viele, die es bisher nicht gewagt haben aus Angst vor Rache zurück ins Land zu kommen. Aber die Allgemeinheit scheint sich auf Aufarbeitung und Versöhnung eingelassen zu haben. Die Menschen blicken nach vorne und haben eine für Afrika beispielhafte Gesellschaft nahezu ohne Korruption geschaffen, in der alle Zeichen auf Fortschritt und Zukunft stehen. Es ist geradezu ergreifend, zu sehen, was das Land seither geschafft hat.
Ich wünsche den Ruandern, von denen nun keiner mehr Hutu oder Tutsi ist, für die nächsten Jahren nur das Beste.
Eure Beatrice!
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Oder lies alles ganz detailliert nach in „Auf nach Anderswo!“