Bunte Stadt mit komischem Akzent
Montreal ist eine bunte und wunderschöne Stadt. Hier gibt es alles, was das Herz begehrt, zumindest im Sommer. Die Menschen hier unterteilen das Jahr in einen Winter, der etwa sechs Monate dauert und eisigen Frost und unmenschliches Wetter mit sich bringt und eine Bauphase, die im Sommer die ganze Stadt in eine einzige Baustelle verwandelt. Das ist natürlich nur ein Scherz. Etwa die Hälfte der Straßen sind trotz Baustellen befahrbar.
Das schöne an Montreal ist seine Vielseitigkeit. Es gibt eine Altstadt mit historischen Gebäuden – die ältesten darunter sind zwar nicht einmal 400 Jahre alt, aber sie sind sehr gepflegt. Dann gibt es das moderne Montreal, wo sich einige eindrucksvolle Wolkenkratzer um schluchtartige Straßen reihen, zwischen denen nur hier und da mal eine kleine Kirche steht. Es gibt das Quartier Latin, das sich im Sommer in ein Ausgehviertel mit dutzenden Straßenbars und –cafés wandelt und das bunte und flippige Schwulenviertel, in dem sich Gay-Clubs und Bars unter der Regenbogenflagge tummeln.
Im modernen Teil von Montreal gibt es eine Unzahl an Shoppingcentern, die auch noch unterirdisch miteinander verbunden sind. Hier kann man überwintern. Manche Menschen leben in einem der Wolkenkratzer, arbeiten in einem anderen, tätigen ihre Einkäufe in den Tunneln und Shoppingmalls unter der Erde und verlassen monatelang nicht die Gebäude und unterirdischen Passagen, die auch an die verschiedenen Metrostationen angebunden sind. Dies nimmt dem Winter in Quebec ein wenig den Schrecken.
Das Wetter ist während meines Besuchs in Montreal traumhaft. Der Himmel ist blau und die Temperaturen steigen nach und nach von 15 bis auf sage und schreibe 22 Grad. Als die 20 Grad Marke überschritten wird, beginnen die Bewohner der Metropole, ihre Kleider von sich zu werfen und sich zu sonnen. Sie schalten die Klimaanlagen in den Gebäuden ein und beschweren sich über die schreckliche Hitze. Frühling ist einfach etwas schönes!
Ist das wirklich Französisch?
Das einzige, was wirklich sehr gewöhnungsbedürftig ist in Montreal ist der Akzent der Menschen hier. Sie sprechen französisch und das mit voller Überzeugung. Manche Menschen verstehe ich sehr gut, andere haben einen so eigenartigen Slang drauf, dass ich mehrfach nachfragen muss und im Notfall die Touristenkarte ausspielen muss „Pourriez vous répéter ça en anglais svp?“ Shame on me. Diese Menschen sind jedoch, wenn man sich mal an ihren Akzent gewöhnt hat, sehr liebenswert, weltoffen, kontaktfreudig und zuvorkommend. Jahrhunderte des Multi-Kulti und der Einwanderungen von überall her haben aus ihnen ein bunt gemischtes Völkchen gemacht, in dem jede Sprache, jede Religion, jede sexuelle Ausrichtung, Haarfarbe, Herkunft oder Weltanschauung mehr ein Gesprächsthema als ein Problem sind. Man fühlt sich hier wirklich willkommen.
Eure Beatrice!