Moskau Russland Reisebericht von Beatrice Sonntag
Schon als kleines Kind wollte ich immer nach Moskau fahren, hauptsächlich, weil mein Großvater in den höchsten Tönen von dieser Stadt geschwärmt hat. Er berichtete von goldenen Kuppeln, von prachtvollen Straßen und von Menschen mit Pelzmützen. Er war außerdem ein großer Fan von Michail Gorbatschow. Und wer meinen Großvater gekannt hat, der weiß, dass das eine große Ehre ist. Er hasste im Grunde alle Menschen, außer vielleicht mich und Michail Gorbatschow. Seinen Zahnarzt hat er besonders gehasst, denn der hatte ihm angeblich mal einen falschen Zahn gezogen. Auf jeden Fall liebte ich meinen Großvater, denn er ließ mich immer unerlaubte Dinge essen und erzählte so schöne Geschichten über Moskau.
Mein Großvater war schon eine Weile gestorben, als ich mich schließlich auf den Weg nach Moskau machte, um mir alles mit eigenen Augen anzusehen. Goldene Kuppeln fand ich tatsächlich, prachtvolle Straßen auch. Es mangelte sehr an Pelzmützen, das mag aber wohl daran gelegen haben, dass ich mir für meine Moskau-Reise den August ausgesucht hatte. Den Winter in Russland wollte ich nicht unbedingt live erleben. So weit geht meine Abenteuerlust dann auch wieder nicht.
Der Rote Platz ist einfach beeindruckend, genauso wie jedes einzelne der ihn umgebenden Gebäude. Hier kann man Tage verbringen und zwar einfach nur mit Staunen. Im berühmten GUM, dem Luxuskaufhaus, konnte ich mir leider nichts leisten, aber es war interessant, die Schaufenster zu bewundern und die Menschen, die hier ernsthaft einkaufen, zu betrachten. Mir fiel dabei auf, dass die russischen Frauen unverhältnismäßig viel schöner sind als ihre Männer.
Die Basiliuskathedrale ist natürlich ein Schmuckstück, von dem man nicht genug Fotos machen kann und die ganzen Kirchen im Kreml selbst verstecken so viele Reichtümer, dass man damit wahrscheinlich einen ganzen Kontinent erwerben könnte. Ich sehe die größte Glocke der Welt, die aber leider nie ihres Amtes walten konnte, weil sie noch vor dem ersten Glockenschlag zerbrochen ist. Da sie aber viel zu schwer ist, um sie zu entsorgen, darf sie wenigstens weiterhin im Kreml stehen.
Ich bin – wie einige von euch vielleicht schon wissen – ein großer Fan nicht nur meines Großvaters, sondern auch von kommunistischen Mausoleen. Daher ist Moskau eines meiner Traumziele gewesen und ich würde jederzeit wieder dorthin fahren, um mir Lenins Grab anzuschauen. Um die Stimmung perfekt zu machen, muss man sich am frühen Morgen in eine lange Schlange stellen, die fast den halben roten Platz entlang führt. Fliegende Händler verkaufen den Menschen in der Schlange kommunistische Orden und Armeeabzeichen sowie Eiscreme und Getränke. An einem recht modernen Kontrollposten muss man seine Tasche mit Kamera, Waffen und Regenschirmen abgeben und wird dann zum Allerheiligsten vorgelassen.
Das Mausoleum an sich, das an der Kremlmauer steht, ist aus rotem Marmor gebaut und von den Gräbern vieler russischer Helden umgeben. Hier ruhen einige Kosmonauten, die es zu Ruhm und Ehren gebracht haben und neben ihnen Joseph Stalin, der als tausendfacher Massenmörder ein wenig in Ungnade gefallen war. Bis vor einigen Jahren durfte er nämlich noch neben Lenin im Mausoleum liegen. Vorbei an den Ehrengräbern geht man eine kleine marmorne Treppe herab und befindet sich dann im eigentlichen Mausoleum. Alle paar Meter steht ein Soldat in dem dunklen Raum und treibt die Menschen zur Eile an. Ich flaniere vorbei an Lenin, der einbalsamiert in seinem Glassarg liegt und versuche, alle Eindrücke in mich aufzunehmen, so gut das im Vorbeigehen möglich ist. Nach wenigen Minuten ist der Spaß vorbei und ich stehe wieder im Sonnenlicht des Roten Platzes. Ich freue mich schon auf das nächste Mausoleum!
Mehr darüber erfahrt ihr in „Berufswunsch: Tourist“!
Eure Beatrice!