Old Dongola – Fledermäuse, Archäologen und tonnenweise Scherben
Old Dongola liegt mehr als eine Stunde Fahrt mit dem Auto und eine spannende Nilüberquerung auf der Fähre von der modernen Stadt Dongola entfernt. Leider ist die Infrastruktur in Od Dongola beziehungsweise den kleinen Dörfern um die Ausgrabungsstätten herum eher schlecht. Daher müssen wir selbst kochen und in einem nubischen Haus schlafen. Also selbst kochen bedeutet, dass unser Fahrer für uns kocht und dass wir ihm die Taschenlampe festhalten.
Das klingt spannender als es ist, denn es bedeutet, ohne Elektrizität bei absoluter Finsternis hinter nicht schließenden Türen vor Moskitos in Deckung zu gehen. Vom sogenannten Badezimmer des nubischen Hauses möchte ich gar nicht erst sprechen.
Aber die Ausgrabungsstätte von Old Dongola ist es auf jeden Fall wert, diese Unannehmlichkeiten beziehungsweise dieses Abenteuer auf sich zu nehmen. Hier gibt es Baudenkmäler aus mehr als 2000 Jahren zu bestaunen. Und das Verrückteste: Das gesamte Terrain ist ein einziger Scherbenaufen. Man geht hier quasi auf einem riesigen Puzzle und könnte mit viel Zeit und Geduld tausende von Keramikkrügen, Tellern, Schalen und so weiter zusammensetzen.
Zu Old Dongola gehört ein Friedhof aus der islamischen Zeit. Dieser ist der älteste islamische Friedhof im Sudan. Viele herkömmliche Gräber sind zu sehen, aber auch einige markante Grabbauten in Form von Bienenstöcken. Im Inneren wohnen dutzende Fledermäuse, die ihren ganz eigenen Geruch mit sich bringen. Sie flattern nervös herum und scheinen die Totenruhe zu schützen.
Etwas weiter befindet sich die einstige Festung mit den davor gelegenen 12 Kirchen aus der Zeit, als der Sudan in drei christliche Reiche unterteilt war. Damals war Dongola die Hauptstadt von Makuria, einem dieser drei Reiche. Hier erhebt sich die alte Thronhalle, die wohl nie eine Thronhalle war, sondern nur von einigen Archäologen missgedeutet wurde. Es war auf jeden Fall mal eine Kirche und auch schon eine Moschee. Heute nur noch ein Museum.
Etwas weiter entfernt steht eine weitere Gruppe von Gebäuden. Es sind Klöster mit Kapellen und Gewölben. Ich habe das irrsinnige Glück, dass hier gerade eine Gruppe von polnischen Archäologinnen dabei ist, an den Fresken und Gemälden in den Klöstern zu arbeiten. Sie lassen mich in die Gebäude herein, die normalerweise noch für Besucher gesperrt sind und zeigen mir Malereien aus dem 6. bis 13. Jahrhundert, die christliche Symbole, Krippenszenen, Bischöfe, Erzengel und andere Figuren zeigen. Spannend sind zahlreiche Szenen, die man sonst wohl nie in Kapellen und Klöstern sieht: Eine Szene zeigt Maria, die ihr Kind stillt. Eine Szene zeigt den Verkauf eines Sklaven. Auf einem der Gemälde ist der heilige Joseph zu sehen, der mit seinem langen Haarschopf an einem Nagel an der Wand aufgehängt ist. Sowas gibt es nur in Old Dongola.
Die Christen damals in Old Dongola hatten entweder Humor oder sie waren kreativ oder sie waren vielleicht auch einfach nicht so verbohrt wie die Christen im Vatikan und haben gerne gemalt. Wer weiß.
Danke den polnischen Archäologinnen für die grandiose Arbeit hier in der Wüste, wo Dinge zum Vorschein kommen, über die es viel mehr Zeitungsartikel und Fernsehsendungen geben sollte.
Eure Beatrice!
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