Paris Reisebericht von Beatrice Sonntag
Auch in diesem Jahr steht wieder ein kurzer Ausflug nach Paris an, die Stadt der Liebe, der Kunst, der unfreundlichen Kellner und der nach Pisse stinkenden Metrostationen. Ich liebe Paris! Diesmal habe ich einen besonderen Begleiter bei mir, der seit mehr als 15 Jahren nicht in Paris war. Ich komme mir also fast ein wenig wie eine Fremdenführerin vor. Ein gutes Gefühl.
Meinem Begleiter zuliebe besuchen wir zunächst einmal die Hauptattraktionen: den Eiffelturm und das Musée du Louvre. Den Eiffelturm kann ich mir natürlich jedes Jahr wieder mit einer gewissen Begeisterung anschauen. Wir sind uns beide einig, dass er einen frischen Anstrich vertragen könnte, dass er von der Menschheit überbewertet wird, dass es sich bei diesem Monstrum aus Metall jedoch um ein hübsches Stück Ingenieurskunst und letztendlich um ein ‚Must See‘ in Paris handelt.
Im Louvre kann ich mich stundenlang aufhalten. Es ist eine Freude, die chinesischen Besucher zu bestaunen, die sich vor der Mona Lisa drängeln, um ein Selfie zu schießen. Ich kann jedes Mal wieder die ägyptischen Sarkophage und Sphingen anhimmeln, die mich genau wie die kopf- und armamputierten griechischen Statuen in Urlaubsstimmung versetzen. Irgendwo zwischen den Ägyptern und den Etruskern verirren wir uns kurz, finden aber nach zwei Stunden Kunstbetrachtung doch noch den Ausgang des riesigen Museums.
Jetzt bin ich dran, mir ein etwas auszusuchen, das ich noch nicht kenne und ich entscheide mich für das Pantheon und für das Musée Curie. Im Pantheon stolpern wir zunächst über das Foucaultsche Pendel. Da wir in Paris weit genug vom Äquator entfernt sind, wird uns hier eindrucksvoll die Corioliskraft demonstriert (eine meiner Lieblingskräfte, seit ich zum ersten Mal von ihr gehört habe). Eigenartigerweise zeigt das Pendel hier im Pantheon gleichzeitig die Uhrzeit an.
Dann besuchen wir zahlreiche Gräber von berühmten Franzosen. Ich kenne natürlich Voltaire und Rousseau, Marie und Pierre Curie, Victor Hugo, Alexandre Dumas und Emile Zola. Die Namen der meisten hier bestatteten Helden (darunter viele Politiker, Widerstandskämpfer und Wissenschaftler) sagen mir nichts. Interessant ist, dass in der Krypta des Gebäudes ein Mann umher streift und alle Anwesenden mit vernehmlichen Zischlauten dazu anhält, die Klappe zu halten und die Ruhe der Toten nicht zu stören. Das ist ein Vollzeitjob, denn in Gegenwart von so berühmten Toten, die auch schon so lange tot sind, kommt irgendwie nicht die richtige Trauerstimmung auf.
Dann suchen wir nach dem Musée Curie, das sich passenderweise im Institut Curie in der Rue Pierre et Marie Curie befindet. Hier bewundern wir das Labor der doppelten Nobelpreisträgerin, die gemeinsam mit ihrem Mann vor etwa 100 Jahren Polonium und Radium entdeckt hat. Bisher ist die die einzige Frau, die mehrere Nobelpreise erhalten hat. Allein das macht sie zu einer meiner Heldinnen. Besonders interessant finde ich die Ausstellung der Apparate, die sie benutzt hat und einen kleinen Schaukasten, in dem Gesichtspflegecremes gezeigt werden, die Radium enthalten. Marie Curie starb selbst an den Folgen ihrer engen Zusammenarbeit mit dem radioaktiven Metall, dessen lebensgefährliche Auswirkungen ihr zunächst nicht bekannt waren.
Schließlich steht noch der Besuch bei Napoleon Bonaparte auf dem Programm. Im eindrucksvollen Dôme des Invalides mit seiner hübschen goldenen Kuppel liegt der kleine Mann in einem Sarg aus rotem Marmor, den man nur als imposant bezeichnen kann. Mein Begleiter bemerkt sehr passend, dass die Franzosen sich nahezu rührend und überschwänglich um ihren ehemaligen Herrscher gekümmert hätten, obwohl er auf der entlegenen Insel St. Helena im Exil verstarb, als er ja schon längst nicht mehr ‚im Dienst‘ war. Das haben sie wirklich! Diese letzte Ruhestädte sucht ihresgleichen auf der ganzen Welt. Aber bei Napoleon I. handelt es sich halt einfach um den wohl berühmtesten Franzosen aller Zeiten. Er hat ganze Länder erobert und nach ihm ist sogar ein Komplex benannt (obwohl er mit vermutlich 1,68m Körpergröße Anfang des 19. Jahrhunderts wohl eher durchschnittlich groß war). Wieder eine spannende Geschichte, der es sich nachzugehen lohnt. Ich finde im Internet später eine Theorie, die besagt, dass die Legende vom winzigen Napoleon entstanden sein könnte, weil die französischen Größenangaben in der französischen Maßeinheit Fuß erfolgten und der französische Fuß zwei Zentimeter größer war als der englische.
Ich möchte hier noch kurz erwähnen, dass ich dabei zusehen durfte, wie jemand einen unschuldigen Hummer für 79 Euro verspeist hat und dabei auch noch glücklich war! Außerdem habe ich in dem Restaurant, das Hummer für 79 Euro (ohne Beilage!) verkauft zum ersten Mal in meinem Leben einen Kellner in Paris einen Kunden anlächeln sehen! Allein das war schon die Reise wert. Im nächsten Restaurant rücken die Kellner mein Weltbild wieder zurecht, indem sie sich anbrüllen, einen Teller werfen und interessante Schimpfworte gebrauchen. Im Bahnhofslokal wurde ich sogar des Raumes verwiesen, weil ich einen Becher Kaffee in der Hand hielt. Hach, ich liebe Paris!
Soviel zu meinem diesjährigen Parisaufenthalt.
Eure Beatrice!