Ein Hauch von Europa mit Empire State Building und Gandhi
Quebec City ist die Hauptstadt der Provinz Quebec. In den USA wird diese Region in Kanada und vornehmlich die Stadt Quebec in der Tourismusbranche als „die europäischste Stadt Nordamerikas“ und als „Adäquater Ersatz für eine Europareise“ angepriesen. Viele US-Amerikaner wagen nicht gerne die Reise über den großen Teich und kommen daher nach Quebec, um sich hier anzusehen, wie es in Europa so ist.
Ich als Europäerin, die schon sehr viele europäische Städte besucht hat, kann dieser Marketingkampagne nicht ganz zustimmen. Zunächst einmal ist Quebec nicht alt. Rom ist alt. Athen ist alt. Meinetwegen sind auch noch Danzig, Prag und Paris alt. Aber Quebec hat gerade mal seinen vierhundertsten Geburtstag gefeiert. Darüber können europäische Altstädte nur müde schmunzeln.
Der Saturntempel im Forum Romanum ist mehr als fünfmal so alt wie alles, was in Quebec zu sehen ist. Das liegt nicht daran, dass vor 2500 Jahren niemand hier in Quebec gelebt hätte, sondern daran, dass die europäischen Einwanderer alles was von den Ureinwohnern stammte, zertrampelt und beseitigt haben, einschließlich der besagten Ureinwohner, von denen heute nur noch wenige entwurzelte Vertreter hier leben.
Trotzdem ist Quebec City natürlich sehenswert. Ich kann der ganzen Stadt zwar nur sehr wenig europäisches ansehen, aber ich fühle mich in der kleinen und sehr gepflegten Altstadt sehr wohl. Es ist, als sei ich in einem einzigen Freilichtmuseum unterwegs, denn jedes Gebäude ist liebevoll renoviert und in Schuss gehalten. Es gibt keine störenden Neonreklamen und immer wieder hat man von den Gassen der Altstadt aus einen schönen Blick hinauf zu dem schlossartigen Hotel, das auf einem Hügel über der Stadt thront.
Auf diesem Hügel, hinter dem Hotel, das einst von der kanadischen Bahn für Durchreisende errichtet wurde und auch heute wieder ein Luxushotel beherbergt, befinden sich zahlreiche Regierungsgebäude. Hier sind auch noch Teile der alten Stadtmauer zu erkennen und ein riesiges Gelände, auf dem einst die blutige Schlacht zwischen den Engländern und Franzosen ausgetragen wurde. Hier stehen mehrere Denkmäler. Die Menschen in Quebec City freuen sich über Denkmäler und stellen auch alles, was man ihnen schenkt, in ihrer Stadt auf. So stehen hier zum Beispiel neben Churchill und Roosevelt und einigen kanadischen Staatsmännern auch eine Büste von Gandhi, eine Statue von Jeanne D‘Arc und eine von Nguyen Trai, einem vietnamesischen Politiker.
In Quebec City finde ich noch im Mai einige Schneehaufen, die noch nicht ganz geschmolzen sind. Außerdem steht mitten in der Stadt eine Nachbildung des Empire State Building, jedoch nur der 23 oberen Etagen.
Wer also in Quebec unterwegs ist, der sollte die pittoreske Hauptstadt der Provinz besuchen und sich hier ansehen, wie sich die Nordamerikaner Europa vorstellen.
Eure Beatrice!