Rajshahi – Quirliger Markt in der winzigen Millionenstadt
Die Stadt Rajshahi ist wenig bekannt. Sie liegt im Nordwesten von Bangladesch nicht weit von der Grenze zu Indien entfernt. Verglichen mit Dhaka ist es eine kleine Stadt mit gerade mal vier Millionen Einwohnern. Also quasi ein Dorf.
Der Markt im Zentrum ist ein Quell des Lebens. Hier ist nach Einbruch der Dämmerung besonders viel los. Unglaublich, wie sich all diese tausenden von TukTuks, Rikschas, Fahrräder und Mopeds aneinander vorbeischieben, dabei hupen, als hinge ihr Leben davon ab und sich nicht berühren. Es grenzt an ein Wunder, dass hier kaum Unfälle geschehen. Offenbar sind die Bewohner von Rajshahi oder zumindest die Rikscha- und TukTuk-Fahrer von Rajshahi allesamt Navigationskünstler.
An der Stadt entlang fließt der Padma, ein Fluss, der hier eine eindrucksvolle Breite erreicht und aus Indien kommt. Im Padma gibt es sogenannte Chars. Das sind Sandbänke, die wie Inseln wirken. Es gibt aber auch eine richtige Insel und die lohnt es sich, zu besuchen.
Auf der Insel, deren Name angeblich nicht übersetzbar ist oder vielleicht auch einfach nicht übersetzt wurde, verläuft die Grenze zwischen Indien und Bangladesch. Seit etwa 20 Jahren dürfen die Menschen, die hier wohnen auch nicht mehr einfach so die Grenze überqueren, was ihnen das Leben ein wenig erschwert hat. Ein Grenzposten patrouilliert ständig an dem Feld, auf dem Linsen angebaut werden und hinter dem Indien beginnt.
Der Schmuggel – vor allem mit Alkohol – blüht allerdings, denn der gute Mann kann schließlich nicht überall gleichzeitig sein. Und die Leute, die diese Linsen pflanzen oder ernten wollen, lässt er natürlich durch. Strom gibt es auf der Insel nur dank Solarpanelen, weshalb sich die Grenzüberwachung nach Einbruch der Dunkelheit ohnehin schwierig gestaltet.
Die Menschen leben hier ganz einfach. Sie haben ihre Hütten, ihre Schafe und Ziegen, ihre Kühe, ein paar Hühner und Enten sowie einige Kinder und ein Feld, auf dem fast alles gedeiht, dem Klima sei Dank. Im Fluss fangen sie Fische und haben damit quasi alles, was sie zum Überleben brauchen. Ich verliebe mich augenblicklich in zwei neugeborene Schafe. Aber auch der Nachwuchs der Ziegen gefallen mir sehr gut. Einfach putzig.
Die Fahrt auf dem Boot zur Insel dauert etwa 50 Minuten, denn der Fluss ist echt breit und man muss eine Sandbank umschiffen. Wahnsinn, wie nah diese Menschen an der Viermillionenstadt leben und wie weit sie doch davon entfernt sind. Die Fischer der Insel wissen ganz genau, wo sie in dem riesigen Gewässer fahren können, ohne auf Sand aufzulaufen oder sich in Fischernetzen zu verfangen.
Wer sich für das Landleben in Bangladesch interessiert, für den ist die schöne Insel im Padma Fluss genau das richtige.
Rajshahi ist bekannt dafür – vielleicht nicht unbedingt international, aber immerhin in Kennerkreisen – dass hier das älteste Museum des Landes zu finden ist. Es zeigt eine eindrucksvolle Sammlung an Figuren aus schwarzem Basalt, die etwa 1000 Jahre alt sind. Damals haben die Hindus über diese Region geherrscht und viele Tempel gebaut und diese natürlich auch verziert. Einige der Figuren sind in bemerkenswert gutem Zustand. Ich staune. Man sagt mir allerdings, dass das nichts besonderes ist, denn überall, wo jemand hier in der Gegend anfängt im Boden zu wühlen, einen Brunnen auszuheben oder sonstwas, findet er sofort solche Statuen und Figuren. Das ganze Land ist voll von Altertümern, die nur darauf warten, ausgegraben zu werden. Leider hat das Archäologie-Department der Regierung nicht die nötigen Mittel, um solche Projekte zu fördern. Wer also mal auf der Suche nach einer vielversprechenden Ausgrabungsstätte ist, der sollte sich vertrauensvoll an Bangladesch wenden.
Eure Beatrice!