Die längste Straße der Welt und ein schüchterner CN Tower
Zunächst empfängt mich die Metropole im kanadischen Bundesstaat Ontario mit einer Mischung aus Nebel und Nieselregen. Bei frostigen sieben Grad sieht man nicht viel von den 2,6 Millionen Einwohnern der größten Stadt Kanadas. Trotzdem will ich meine wie immer knapp bemessene Zeit nutzen und in den drei Tagen, die ich mir für diese Stadt am Ontariosee genommen habe, möglichst viel von der Stadt sehen.
Bei meinem ersten Stadtrundgang muss ich mich mit der unteren Hälfte von Toronto begnügen, denn die obere Hälfte der riesigen Wolkenkratzer ist in dichten wabernden Nebel gehüllt. Ich kann nur ahnen, dass diese Gebäude sicher sehr eindrucksvoll sind. Auch der berühmte CN Tower, das Wahrzeichen der Stadt, versteckt sich wie eine Diva. Ich muss an den Mount Fuji denken. Als ich diesen berühmten Berg in Japan besuchen wollte, war ich genauso enttäuscht.
An diesem schönen verregneten Tag sehe ich dann allerdings doch noch einige Bewohner von Toronto und zwar gleich hunderte auf einmal. Sie laufen nämlich den Toronto-Marathon, der sie einmal quer durch die Stadt führt. Polizisten in Warnwesten regeln den ohnehin sehr geduldigen Verkehr und die Menschen rennen um die Häuser. Einer von ihnen trägt nicht einmal Schuhe. Er gehört wohl zu den Kandidaten, die die 42 Kilometer nicht vollständig absolvieren werden, sondern nur zum Spaß mitlaufen.
Was jedoch auch bei Nebel und Regen in Toronto echt klasse ist: Es gibt an jeder Ecke ein Starbucks; es gibt alle paar Blocks öffentliche Toiletten, die nicht ekelhaft sind und auch noch gratis zur Verfügung gestellt werden; die Verpflegung ist verglichen mit Europa recht günstig und sehr international; die Autofahrer sind dermaßen rücksichtsvoll, dass man als Fußgänger quasi der König der Straßen ist.
Am zweiten Tag scheint sich Toronto dann endlich dazu entschieden zu haben aus seinem nebligen Versteck hervor zu kommen. Bei strahlendem Sonnenschein und immerhin zwölf Grad zeigen sich nun die gigantischen Türme aus Glas, Stahl und Beton von ihrer schönsten Seite. Ich spaziere durch den Finanzdistrikt und muss aufpassen, dass ich meinen Blick nicht nur nach oben in Richtung der eindrucksvollen Hochhäuser, sondern hin und wieder auch mal auf den Bürgersteig oder die Straße richte. Auch der CN Tower ist nun zu erkennen. Er ragt aus der Masse der Gebäude heraus und ist auch von weither sichtbar.
Toronto hat sogar seinen eigenen kleinen Times Square oder Picadilly Circus. Er trägt den wenig einprägsamen Namen Younge Dundas Square, aber er ist ein blinkendes und funkelndes Durcheinander von Werbetafeln und Neonlichtern. Die Younge Street ist wohl die längste Straße der Welt, zumindest, wenn man dem Guinness Buch der Rekorde Glauben schenken will. Sie führt nördlich von Toronto noch 86 Kilometer weiter ins Niemandsland von Nordkanada.
Toronto ist eine Stadt, die ich nur im Frühling oder Sommer besuchen möchte. Das aber gerne mal wieder. In den warmen Monaten tobt hier nämlich das Leben und es gibt tausende von Festivals und Konzerten, während in den Wintermonaten die Menschen sich irgendwo hinter den Öfen verstecken. Und da haben sie verdammt recht!
Eure Beatrice!