Virei – im Reich der Mucubal
Von Virei habt Ihr noch nie gehört? Ging mir bis vor Kurzem auch so. Es ist eine kleine Stadt südöstlich von Namibe, eigentlich eher ein Dorf. Hier leben ausschließlich Menschen vom Volk der Mucubal. Von denen hatte ich auch noch nie gehört, aber die junge Dame, die meine Reise durch den Süden von Angola organisiert hat, versicherte mir, dass ich dahin will. Recht hatte sie.
Ich war begeistert von den Mucubal, denn sie leben noch wie vor hunderten von Jahren. Offenbar sperren sie sich gegen fast alles, was die Zivilisation bereithält. Sie schicken ihre Kinder nicht auf die Schule, sprechen kein Portugiesisch, besitzen keine modernen Dinge, bis auf ein paar Aluminiumtöpfe. Die sind aber auch einfach unschlagbar praktisch.
Meine Reisebegleiterin sagt, dass nur ganz selten mal jemand vom Volk der Mucubal „überläuft“, also in die Stadt zieht und in der modernen Welt leben will. Auch die neuen Generationen sind von der Lebensweise in der Wüste überzeugt. Ein Leben ohne Fernseher, ohne Kaffeemaschine, Telefon oder Computer hat sicher seine Vorteile. Aber es ist schon verdammt mühsam, aus getrockneten Maiskörnern Mehl herzustellen. Das konnte ich miterleben, denn ich durfte einen Tag in einem der Dörfer verbringen. Diese Arbeit kommt den Frauen zu. Schon die 11-12-Jährigen helfen dabei.
Am Abend ist dann ausreichend Mehl zusammengekommen, um es mit etwas Ziegenmilch zu mischen und daraus Papp zu kochen, eine eher langweilig schmeckende Masse. Dazu gibt es an den meisten Tagen nichts. Fleisch wird nur zu besonderen Anlässen gegessen, wie Hochzeiten oder Beerdigungen. Gemüse ist in der Wüste eine Besonderheit.
Die Frauen im Dorf hinter Virei tragen Wickelröcke aus bunten Stoffen und Tücher auf dem Kopf. Um die Brust binden sie sich eine Schnur oder ein Seil. Das ist der BH. Nach meinem Verständnis ist es das Gegenteil eines BHs, aber was weiß ich schon? Woher weiß ich, wie deren BH aussieht? Ganz einfach. Alle Frauen haben traditionell nackte Oberkörper. Sie würden nie ihre Kopfhaut einem Fremden zeigen. Ihre Brüste sind hingegen nichts, was irgendwie Scham auslöst.
Unser Gastgeschenk für die Menschen in dem Dorf waren Öl, Mehl und Brötchen. Einfache Weißbrot-Brötchen. Nichts Besonderes. Aber diese wurden mit Begeisterung entgegengenommen und sofort verzehrt. Also doch noch etwas, das die Mucubal an der „Zivilisation“ schätzen: Die Brötchen.
Faszinierend und ungewohnt für mich war auch die Nacht bei den Mucubal. Diese Stille in der Wüste. Dann dieser dämliche Hahn, der ab 2:30 in der Nacht ständig gekräht hat und die Ziegenherde ganz nervös gemacht hat, sodass es mit der Stille vorbei war. Die Dunkelheit in der Wüste war ebenso ungewohnt wie die Stille. Um 2:30 war der Sternenhimmel einfach grandios. Der Mond war gerade untergegangen und hier auf der Südhalbkugel sind die Sterne ohnehin der Hammer. Aber hier in der Wüste noch viel mehr, denn es gibt keinerlei Lichtverschmutzung.
Also, wenn Euch mal der Sinn steht nach dem Gegenteil von Zivilisation, nach Stille, nach Sternen, nach Papp. Dann auf nach Virei zu den Mucubal.
Eure Beatrice!