Im Reich des längsten Erzzuges der Welt
Der Nordwesten von Mauretanien besteht aus viel Sand. Das ist nicht weiter etwas Besonderes, denn das hat der Nordwesten mit dem Nordosten und im Grunde auch dem Zentrum gemeinsam. Im Nordwesten trennt eine mit dem Lineal gezogene Grenze Mauretanien von dem umstrittenen Gebiet der Westsahara. Es ist ein ungemütlicher Ort mit einem Grenzwall, dem größten dieser Art auf der Welt und dem wohl auch größten Minenfeld, das es noch auf der Welt gibt. Traurige Rekorde.
Wenige Kilometer südlich dieser grausamen Grenze verläuft das Gleis des Erzzuges von Mauretanien. Dieser Zug ist ein weiterer Weltrekord, denn er hat bis zu 250 Waggons und ist ein wahres Monstrum, zumindest dann, wenn er vollgeladen ist mit Eisenerz. Dieses wird im Norden von Mauretanien bei F’Derik und Zouérate abgebaut und dann auf die 700 Kilometer lange Reise bis nach Nouadhibou am Meer geschickt.
Ich stoße in Choum auf den berühmten Erzzug. Die Züge, die in jede Richtung viermal am Tag verkehren, halten alle in Choum. Nicht nur in Choum, aber Choum ist eine der wenigen wirklichen Städte, falls man das so nennen will. Hier stehen auch die Passagierwagen zur Besichtigung bereit. Das heißt sie sind halt einfach offen und der Koch, der gerade mit irgendwelchen Vorbereitungen beschäftigt ist, lässt mich reinschauen.
Die Nacht verbringe ich zwischen Ben Amira und seiner Ex-Frau Aicha. Das klingt jetzt romantischer als es ist, denn Ben Amira und Aicha sind zwei Monolithen, die fünf Kilometer auseinander in der mauretanischen Wüste herumliegen. Ben Amira ist der drittgrößte Monolith der Welt, gleich hinter dem Uluru und noch einem anderen Stein in Australien, den ich nicht kenne.
Die beiden Monolithen sind zwar geschiedene Leute, aber gastfreundlich. Sie werfen mir Schatten für das Mittagessen, zeigen mir eine traumhafte Landschaft und bieten einen eleganten Sonnenuntergang sowie einen grandiosen von jeglichem Licht ungetrübten Sternenhimmel in der Nacht.
Weiter geht es am nächsten Tag entlang der Bahngleise. Es kommt zunächst ein leerer Zug aus Nouadhibou. 121 Waggons. Kein Rekord, aber es dauert schon eine ganze Weile, bis er vorüber ist. Schließlich kommt aber auch der langersehnte vollgeladene Erzzug mit etwa 170 Waggons aus Zouérate. Mit diesem Zug fahre ich nun um die Wette. Fünfmal überholen wir uns gegenseitig. Er bleibt stehen, teilt Wasser aus, wartet, bis leere Züge vorbei gefahren sind oder gurkt einfach langsam und schwerfällig mit seiner tonnenschweren Last vor sich hin. Ich halte immer wieder an um zu Mittag zu essen, um Kamele zu fotografieren oder eben um den Zug noch einmal zu bewundern, wenn er an mir vorbei donnert.
Ich bin kein Eisenbahnnarr. Oder zumindest nicht besonders. Aber dieser Zug mitten in der sengenden Hitze der Sahara hat mich irgendwie nachhaltig beeindruckt.
Eure Beatrice!
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Oder lies alles ganz detailliert nach in „Auf nach Anderswo!“
Und wer mit dem Gedanken spielt, selbst in nächster Zeit nach Mauretanien zu fahren: Hier mein Reiseführer.
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