Wagah Border – Es lebe die Feindschaft
Die Wagah Border Ceremony war eines der schrägsten Erlebnisse meiner Indien-Reise vor ein paar Jahren und vielleicht auch eines der kuriosesten Erlebnisse meiner verschiedenen Touren durch Asien. Die Menschen an der Grenze von Wagah treffen sich jeden Abend zu Tausenden und feiern lautstark, dass sie sich nicht ausstehen können und dass die Grenze zwischen beiden Ländern weitgehend geschlossen ist. Hin und wieder bekommt mal eine Familie, die beidseitig der Grenze wohnt, eine Genehmigung für einen Besuch, aber im Grunde bleiben die Pakistaner auf ihrer Seite und die Inder auf der anderen.
Meine Reise nach Pakistan eröffnete mir die Möglichkeit, diese schräge Zeremonie nun auch mal von der anderen Seite zu erleben. Auch wenn die Inder zahlenmäßig und auch in Sachen Lautstärke meiner Meinung nach überlegen sind, ist auf pakistanischer Seite ebenso was los. Es gibt eine Tribüne für Familien und eine für Männer. Ich sitze irgendwo zwischen Militär und Familien, weil Touristen eher die Ausnahme sind und als unbegleitete Frau ist man ja kein Mann. Man ist aber eben auch keine Familie. Man ist halt ein Tourist. Ein Kuriosum. Platz nehmen. Ein Fähnchen kaufen und in der prallen Sonne ausharren, bis es losgeht. Bei 40 Grad Anfang Mai verkaufen sich die kühlen Getränke fast so gut wie die Flaggen.
Schon zwei Stunden vor Beginn der Zeremonie von Wagah werden die Lautsprecher aktiviert und ich kann nur staunen, wie viele Lieder es gibt, in denen das Wort Pakistan vorkommt. Viele Sänger und Musiker scheinen einen ausgeprägten Nationalstolz zu besitzen. Auf jeden Fall läuft hier in wahrhaft ohrenbetäubender Lautstärke das Best Off „Es lebe Pakistan“. Alle schreien, singen und grölen mit.
Das eigentliche Event ist dann um halb Sechs die kleine Parade und Show der Grenzsoldaten von Wagah, die mit ihren eindrucksvollen mit Fächern geschmückten Helmen, ihren Galauniformen und den einschüchternden Gesichtsausdrücken im Stechschritt auf ihr indisches Pendant auf der anderen Seite zustürmen. Ein Trommler heizt die Menge an, damit sie noch lauter schreit. Maschinengewehre, Drohgebärden, lautes wütendes Stampfen und grimmige Blicke. Die Grenztruppe hat es in sich.
Am Ende der halbstündigen Zeremonie werden die beiden Landesflaggen eingeholt und bis zum nächsten Morgen verstaut. Dann werden sie wieder gehisst und bis zum Nachmittag ist der Grenzübergang von Wagah für den einen oder anderen Gütertransport oder auch mal einen Menschen mit einer Sondergenehmigung überquerbar.
Jeder, der sich mal für ein paar Tage in Lahore aufhält, sollte unbedingt in den Abendstunden nach Wagah fahren. Es ist der Hammer. Ich kann Ohrenschützer nur empfehlen – auch auf der pakistanischen Seite!
Eure Beatrice!