Weimar – Heimat von Schillers verschollene Knochen
Weimar ist nicht unheimlich groß, aber ziemlich bekannt. Kein Wunder also, dass Weimar auch auf meiner Corona-Reise im verfluchten Jahr 2020 auf dem Programm stand. Meine Erwartungen an die Wiege der Demokratie in Deutschland und die Stadt der Dichter und Denker waren wohl etwas zu hoch. Aber auch wenn Weimar nicht meine Lieblingsstadt in Deutschland geworden ist, gibt es dort doch jede Menge zu sehen.
Selbstverständlich muss man sich Goethe und Schiller anschauen, die in trauter Zweisamkeit vor dem Theater stehen. Lustigerweise sind beide gleich groß. Nett vom Künstler. Schiller war mehr als 30 Zentimeter größer als Goethe, aber das sollte natürlich nicht für die Ewigkeit so sein. Schließlich war Goethe der große Meister und der Macher in Weimar.
Wer mehr über Goethe wissen will, begibt sich am besten in sein ehemaliges Wohnhaus, das heute ein Museum ist. Man kann hier sehen, dass Goethe ein begeisterter Kunstliebhaber und -sammler war. Sein Haus ist vollgepackt mit Kunstwerken und war wohl seinerzeit noch voller. Goethe hatte 26.000 Kunstwerke und 5.000 Bücher. In seinem Haus, das er 50 Jahre lang bewohnt hat, erfährt man, dass Goethe leidenschaftlich gerne nach Italien gereist ist. Gerne auch mal für ein, zwei Jahre.
Er liebte die Frauen. Einige haben ihn zu Gedichten inspiriert. Einer seiner Freundinnen – angeblich nur eine platonische Liebschaft – hat er 1.700 Briefe geschrieben. Ja, so war das bevor es Whattsapp gab! Schließlich hat er sich aber doch noch einmal richtig verliebt und zwar in Christiane. Das einzige Problem war, dass sie weder adelig noch gebildet war. Eine Bürgerliche. Skandal. Um den Skandal perfekt zu machen, lebte er mit Christiane lange in wilder Ehe und bekam sogar einen Sohn mit ihr. Es dauerte 18 Jahre, bis die beiden schließlich heirateten. Aber selbst dieser Gesellschaftsskandal schaffte es nicht, Goethes Beliebtheit in Weimar zu ruinieren. Er hatte an die zehn verschiedene Jobs, unter anderem Theaterintendant, Leiter der Infrastrukturmaßnahmen, Jurist, Forscher und Lehrer.
Schiller hat deutlich weniger Zeit in Weimar verbracht, aber auch er hat seine Spuren hinterlassen. Leider ist er in einer etwas kniffligen Lage gewesen, als er gestorben ist. Um ehrlich zu sein, war er pleite. Keiner weiß, warum weder sein Freund Goethe noch sein Freunde Karl August für eine elegante Beerdigung gezahlt haben, aber letzten Endes wurde Schiller in einem anonymen Armengrab verscharrt. Später begaben sich Wissenschaftler auf die Suche nach seinen Gebeinen. Als man glaubte, die richtigen Knochen gefunden zu haben, wurden sie schließlich in einer noblen Gruft beigesetzt. Dummerweise erfand dann irgendein Spielverderber die DNA-Analyse und es stellte sich heraus, dass es die falschen Knochen waren. Wie auch immer. Die Gruft auf dem Friedhof von Weimar ist hübsch, mit bunten Zwiebeltürmchen.
Ein anderer interessanter Aspekt von Weimar ist natürlich die Weimarer Republik. Zu unserer ersten zarten und offenbar sehr zerbrechlichen Demokratie gibt es ein neues Museum direkt gegenüber von Schiller und Goethe. Darin wird einem Angst und Bange, wenn aufgezeigt wird, wie in einem wirtschaftlich gebeutelten Land am Ende die Nazis triumphieren konnten. So etwas darf auf keinen Fall wieder passieren, aber manchmal habe ich die Vermutung, dass wir uns einer solchen Situation gefährlich nähern. Etwas Hoffnung gibt mir allerdings die Tatsache, dass es heute Europa gibt und dass unsere Demokratie schon deutlich länger als 5.196 Tage andauert.
Die Parkgebühren in Weimar sind vergleichbar moderat.
Eure Beatrice!