Wernigerode – Wo der Kaiser seine eigene Toilette hatte
Im Harz liegt die kleine Stadt Wernigerode. Auf dem Weg dorthin fährt man durch viele Städtchen und Dörfer, die auf „rode“ enden. Autobahnen und moderne Gebäude gibt es hier nicht. Mal abgesehen von Tankstellen und Supermärkten. Alles zwischen Quedlinburg und Wernigerode sieht irgendwie gemütlich aus. Und grün.
In Wernigerode angekommen, ist es unproblematisch, den Marktplatz und damit den Mittelpunkt der schönen mittelalterlichen Stadt zu finden. Leider ist der vollgestellt mit Marktständen. Das Rathaus steht hier am Marktplatz und ist eines der schönsten Fachwerkhäuser des Landes.
Zunächst mache ich mich zunächst einmal auf, um die verschiedenen Sträßchen und Gassen der Altstadt zu erkunden. Überall stehen Fachwerkhäuser. Eines von ihnen ist ordentlich schief. Das Schiefe Haus trägt seinen Namen zurecht, denn eine seiner Fassaden ist sogar nicht schiefer als der Schiefe Turm von Pisa. Es war einst eine Mühle. Das große Mühlrad an der Ostseite wurde von Wasser angetrieben. Dieses Wasser sorgte gemeinsam mit dem Gewicht des Mühlrades dafür, dass sich das Haus langsam in Richtung Bach neigte.
Nicht allzu weit davon entfernt befindet sich das kleinste Haus von Wernigerode. Es ist wirklich putzig, eingezwängt zwischen zwei anderen Gebäuden. Es hat weder Streben noch tragende Wände und wird von den Nachbarhäusern gehalten. Das winzige Haus war immerhin das erste in seiner Straße, das elektrischen Strom hatte. Für eine Person ist es mit einer Höhe von 4,20 und einer Breite von weniger als drei Metern jedoch ausreichend.
Etwas später entdecke ich einen kitschigen Bummelzug, der alte Menschen auf den kleinen Hügel hinauf fährt, auf dem sich das Schloss Wernigerode befindet. Kurzerhand steige ich ein und fahre mit. Eine gute Entscheidung, denn der Hügel ist ganz schön steil. Das Schloss kann besichtigt werden. Der Innenhof ist wirklich hübsch, voller Efeu und mit mindestens sieben Baustilen.
Innen im Schloss finden sich jede Menge elegante Möbel, Stofftapeten in kräftigen Farben, dunkle Gemälde und teure Kachelöfen. In diesem Schloss der Grafen von Stolberg-Wernigerode gibt es etwas ganz Besonderes, über das sogar schon die Bildzeitung berichtet hat: das stille Örtchen des Kaisers. Diese Toilette wurde für Kaiser Wilhelm I von Hohenzollern gebaut, der hier immer mal wieder zur Jagd herkam. Des Kaisers Klo wurde mit Designerfliesen von V&B verziert.
Nicht nur der Kaiser ließ es sich hier im Gästezimmer gut gehen, sondern auch die gesamte Grafenfamilie. Eine Schaubild zeigt, wie viele Menschen am Hofe beschäftigt waren. Es gab verschiedene hierarchische Ebenen von Kämmerern und einen Zeremonienmeister sowie einen Champagnerkoch, was immer das sein mah und jede Menge Dienstboten. Das Frühstück wurde im Frühstückszimmer eingenommen, das Abendessen in einem eleganten mit Holz verkleideten Bankettsaal.
Alles in allem fand ich die Altstadt von Quedlinburg ein wenig hübscher als die von Wernigerode. Aber das ein Schloss mit kaiserlichem Lokus hat wiederum nur Wernigerode.
Wenn es euch also mal in den Harz verschlägt, dann schaut unbedingt hier vorbei!
Eure Beatrice!